Chihi dreht verrücktes Spiel
Vielleicht werden sich irgendwann einmal in dieser Saison die Verantwortlichen des 1. FC Köln mit einem wohligen Schauern an dieses verrückte Spiel erinnern. 73 Minuten lang sah es nach einer weiteren bitteren Enttäuschung für den Traditionsverein aus. Besonders erschreckend war die halbe Stunde nach dem Seitenwechsel in der den Rheinländern einmal mehr rein gar nichts gelingen wollte. Gut, vor der Halbzeit gab es einige sehenswerte Passagen, dafür aber auch erneut haarsträubende Fehler, die von den braven Kickern aus Jena auch prompt bestraft wurden.
Die Spieler feiern den Sieg mit La Ola.
Folgerichtig lag der FC zur Pause (nach Toren von Novakovic für Köln und Torghelle und Müller für die Gäste) mit 1:2 hinten. Dann folgte nach 55 Minuten das 1:3 durch Omodiagbe und eine mutige Vabanque-Entscheidung von Christoph Daum. „Alles oder nichts“ hieß seine Devise beim dreifachen Spielertausch nach 60 Minuten. „Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren“, sagte der Kölner Coach später. Was passierte taugt vielleicht zur Legende. Vielleicht war das der Befreiungsschlag, vielleicht das Schlüsselspiel für die gesamte Saison. Vielleicht.
Fabrice Ehret (li.) und Tobias Nickenig gratulieren Kevin Schöneberg (mi.) zum Geburtstag.
In einem fulminanten Schlussspurt sicherte der dreifache Torschütze Adil Chihi dem FC einen kaum noch für möglich gehaltenen Sieg. 4:3 hieß es am Ende für die Domstädter, die ihren ganzen Frust fahren ließen und selten einen Erfolg so überschwenglich auf dem Rasen und mit den Fans gefeiert haben. Entsprechend gelöst präsentierte sich Christoph Daum vor der Presse. „Wir müssen uns beim Publikum bedanken, das immer hinter uns gestanden hat“, begann er seine Ausführungen. „Wir verdanken den Erfolg dem Publikum. Die Mannschaft hat nie aufgesteckt und Moral gezeigt. Es war ein verrücktes Spiel mit hohem Unterhaltungswert und vielen Fehlern. Wir haben es glücklich gewonnen. Das kann ein Highlight für den weiteren Saisonverlauf sein. Wir müssen aber schon beim nächsten Spiel in München viel weniger Fehler machen und kompakter stehen. Nach dem Sieg können wir positiv in die Zukunft schauen. Es war ein Sieg der Moral und des Nie-Aufgebens. Wir wollen natürlich nicht oft in Rückstand geraten. Aber wenn es mal so kommt, können wir uns dieses Spiel in Erinnerung rufen.“
Christoph Daum guckt noch mal genau hin.
Der schmeichelhafte Sieg gegen die tapferen Gäste setzte erst einmal einen Schlussstrich unter eine turbulente Woche. Nach der Aachen-Pleite und Daums abenteuerlichen Verschwörungstheorien hätte eine Niederlage gegen Jena unabsehbare Folgen haben können. So stehen für die Geißbocktruppe 6 Punkte aus drei Spielen zu Buche. Noch ist es zu früh, um ein Fazit zu ziehen. „Wir müssen die ersten fünf oder sechs Spiele im Paket sehen. Wenn wir über 10 Punkte holen sind wir ordentlich gestartet. Eine neue Mannschaft braucht fünf, sechs Spiele. Wir haben gegen Aachen unnötig Punkte verschenkt. Ein Punkt mehr würde uns gut zu Gesicht stehen“, bilanzierte Daum.
Zufrieden sieht anders aus: Michael Meier und Wolfgang Overath.
Was bleibt noch von diesem irren Kick? Die Verbannung von Jenas Trainer Frank Neubarth auf die Tribüne und dessen folgende Schiedsrichter-Schelte. Der Ausraster von FC Keeper Faryd Mondragon, der über den halben Platz sprintete, um den Jenaer Spieler Torghelle, der sich bei seiner Auswechslung übermäßig viel Zeit ließ, fast vom Feld zu schubsen. „Das ist Mondragon, wie er leibt und lebt. Er ist sehr emotional und ein Mitreißer, der Zeichen setzt“, lobt Daum. Der ungeahndete Kopfstoß von Roda Antar. Und die unüberhörbaren Kabinengesänge der FC-Profis, die ihren Erfolg genossen und Kevin Schöneberg ein Ständchen zu seinem 22. Geburtstag schmetterten. Jetzt aber genug. Bei allem Respekt, es war nur der Pflichtsieg gegen einen Abstiegskandidaten. Aber wer weiß, vielleicht war es ja doch auch mehr.
Tobias Gonscherowski
Zum Abschluss ein kleines Special mit Adil Chihi, dem Mann des Tages.
Chihi stört beim Einwurf.
Chihis erster Streich ...
... und der zweite folgt sogleich.
Hier feiert er das Siegtor.
Tropfend warten aufs Interview.
Job erledigt, ab zum Duschen.