„Das Leichte ist das Schwere“
Mit dem exklusiven Jubiläumsprogramm „Wir sagen Dankeschön“ feiert der Männergesangverein Eufonia am ersten März-Wochenende sein 40-jähriges Bestehen. In der Galerie am Schloss singt der Chor vor geladenen Gästen und stellt dabei auch seine druckfrische Chorchronik vor, die in der Buchhandlung Brockmann und bei Konzerten erhältlich sein wird.
Im Rahmen des brühlermarktes schließlich wird das Programm am 15. Juni im Rathaus-Innenhof auch der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Im Gespräch mit dem Brühler Bilderbogen erzählen Dorothea Kares, Klaus Kröhne, André Bach, Hans Jürgen Schreinemacher und Dietmar Krüger darüber, was den Chor seit 40 Jahren auszeichnet und so erfolgreich macht.
Am Anfang stand eine Panne. Genau genommen eine Probenpanne. Denn dem Schulchor des Max Ernst Gymnasiums fehlten bei einer Probe im Jahr 1983 die Frauenstimmen. Das war kein Wunder, denn lange Zeit war die Schule ein reines Jungengymnasium, Mädchen waren in jenen Tagen noch deutlich in der Unterzahl.
Aus der Not machte die damalige Musiklehrerin und Schulchorleiterin Christina „Kiki“ Kröhne eine Tugend. „Der Versuch, Männerchorliteratur zu singen, hatte ein so gutes klangliches Ergebnis, dass der Männerchor Eufonia geboren war“, erinnert sich die leider im Jahr 2011 verstorbene Pädagogin in der Chronik an die Anfänge.
Das Motto des Chores, der sich erst etwas später MGV Eufonia nannte, lautete: „In Freud und Lied zum Leid bereit“. Es persiflierte durch die Wortdrehung nach dem Vorbild der berühmten Comedian Harmonists augenzwinkernd das übliche Vereinsgebaren alteingesessener Chöre – allerdings auch mit dem Anspruch „beste musikalische Ergebnisse“ anzustreben und sich stets der Kritik zu stellen. Seit inzwischen genau 40 Jahren wird Eufonia diesem von Kiki Kröhne formulierten Anspruch zweifellos gerecht.
Eufonia hat eine einzigartige Erfolgsgeschichte in Brühl und weit darüber hinaus geschrieben. Denn Eufonia ist kein Brühler Phänomen. „Es ist faszinierend, dass wir seit 40 Jahren den Zeitgeist treffen“, freut sich Klaus Kröhne. „Wir sind nicht altbacken, sondern haben unser treues Stammpublikum erhalten und erweitert. Heutzutage muss alles schneller, bunter und unterhaltsam sein. Das Leichte ist oft das Schwere - und wir schaffen es, das Tempo und diese Aspekte zu bedienen.“
Standing Ovations an der Tagesordnung
Das Interessante ist, dass Eufonia mit seinem Mix aus pointierten Moderationen, großartigem Chorgesang, viel Humor und auch einer Portion Klamauk überall gut ankommt. Der Chor trat in Deutschland von Hamburg bis nach Bayern auf, in Europa in Dänemark und Holland, in der Schweiz und Österreich, in Spanien und darüber hinaus in Hongkong und China sowie in Kanada und Namibia. „Erst neulich gab es wieder Standing Ovations bei einem Konzert im Schlosstheater in Neuwied. Wir durften drei Zugaben geben vor einem Publikum, das uns vorher nicht kannte“, berichtet Dietmar Krüger.
Obwohl die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren immer komplizierter wurden, hat sich Eufonia behauptet. Der Chor trotzte Corona und meisterte immer neue finanzielle und organisatorische Herausforderungen, die es in den Gründungsjahren nicht gab. Damals wurden den Vereinen in Brühl noch Räumlichkeiten, Bestuhlung und Personal kostenlos zur Verfügung gestellt. All das gibt es so heute nicht mehr und stellt viele Vereine vor Probleme.
Mit 12 bis 15 zumeist ausverkauften Konzerten pro Jahr generiert Eufonia genug Einnahmen, um alle Kosten tragen zu können. Der Verein ist gesund und für alle Generationen interessant. Inzwischen singen bereits drei Söhne von aktuellen oder ehemaligen Chormitgliedern mit. Zwei weitere Neuzugänge sind bald auf der Bühne mit dabei. „Die jungen Leute bringen Schwung rein“, sagt Hans Jürgen Schreinemacher. „Wir sind mehr als ein Chor“, betont André Bach. „Wir sind ein Freundeskreis, in dem man sich gerne gegenseitig hilft. Wir sind eine große Familie, in die sich jeder einbringen kann.“
Gemeinsame Erlebnisse schweißen natürlich auch zusammen. Da wäre eine Autobuspanne mitten in der Wüste Namibias zu nennen, die schnell behoben werden konnte, weil der Kfz-Meister und Eufonia-Mitglied Hardy Offizier, das Problem fachkundig lösen konnte. In der Corona-Zeit nahmen zwei Ärzte aus dem Chor, unterstützt durch die Eufonia-Logistik, rund 1.000 Impfungen vor. Viele solcher spannender Anekdoten finden sich in der lesenswerten und reich bebilderten
Eufonia-Chronik wieder.
Sehr anspruchsvolle Arrangements
Musikalisch ist der Chor top. Die Kritiker überschlagen sich mit Lob, das Publikum ist begeistert. Dabei bemerkt kaum jemand, wie herausfordernd die einzelnen Nummern zumeist sind. „Die Arrangements sind teilweise sehr schwer und anspruchsvoll“, weiß die Chorleiterin Dorothea Kares. „Was leicht wirkt, ist das Ergebnis harter Arbeit, die aber auch viel Spaß macht. Auch hier gilt: Das Leichte ist eben oft das Schwere.“
Dorothea Kares ist die dritte Chorleiterin von Eufonia und setzt damit die zunächst von Christina Kröhne und dann nach ihrem Tod von ihrer Tochter Annette Kröhne-Fritz begründeten Tradition fort. Bis heute haben ausschließlich Frauen die inzwischen gut 25 Sänger auf der Bühne gebändigt.
Zu den Konstanten bei Eufonia gehört auch Joachim „Jesi“ Jezweski. Der virtuose Pianist begleitet den Chor seit den Anfängen in seiner unnachahmlichen Art inklusive vieler Soloauftritte und gelegentlichen Moderationen. „Er lässt seine große musikalische Bildung einfließen und ist auch sonst ein gefragter Begleiter in allen Lebenslagen“, ergänzen sich Dorothea Kares und Klaus Kröhne.
Dezimierter Weinkeller
Der Sohn der ersten Chorleiterin ist mit Eufonia quasi aufgewachsen. Als Knirps durfte er die Eufonia-Fahne bei den Konzerten auf die Bühne tragen. Später stieß er als Sänger dazu, seit einigen Jahren übernimmt er weitgehend auch die Moderation. Er erinnert sich gerne an die Anfänge des Chores und die früher regelmäßig im Hause Kröhne abgehaltenen Dienstagsrunden. Lustig ging es dabei zu, auch kreativ und produktiv und ganz sicher auch feuchtfröhlich, wie der immer wieder dezimierte Weinkeller der Kröhnes bezeugen kann. Sein Vater Hellmut, der Eufonia seit 40 Jahren bis heute bei allen Konzerten und darüber hinaus selbstlos unterstützt, weiß ein Lied davon zu singen.
40 Jahre Eufonia – das sind auch beeindruckende Zahlen: 450 Konzerte hat der Chor auf vier Kontinenten gegeben, 1.500 Proben abgehalten und 1.000 Kreativtreffen absolviert. 450 Arrangements wurden exklusiv für den Chor geschrieben, die meisten davon – 150 – hat Bernhard Fritz beigesteuert. Unterstützt wurde der Chor von vielen Helferinnen und Helfern insbesondere bei den Konzerten im Foyer und bei der Beleuchtung.
70 Sänger standen auf der Bühne. Vier Gründungsmitglieder – Micka Berboth, Stefan Lersch, Michael Trimborn und Reinhard Willemsen – sind bis heute aktiv. Eufonia trat zur Prime Time im ZDF beim Grand Prix der Chöre auf, der WDR berichtete über den MGV aus Brühl und ein Ensemble war einst in der Quizshow Ruckzuck zu Gast.
Am 2. und 3. März und noch einmal am 15. Juni im Rahmen des brühlermarktes wird es nun das Jubiläumsprogramm geben. Der Bürgermeister Dieter Freytag wird sprechen, Grußworte von Helene Fischer, Hildegard Mutterteufel und Kanzler Olaf Scholz sind angeblich angefragt. Viele Erfolgsnummern werden noch einmal gesungen, es wird Rückblicke geben und sicher auch emotionale Momente, wenn an verstorbene Mitglieder der Eufonia Familie erinnert wird, zu denen neben Kiki Kröhne auch der Moderator Kalle Pchalek gehört. Im Herbst folgt dann ein neues Programm. Der Inhalt ist noch streng geheim.
Tobias Gonscherowski