Jahrgang 2005
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(ag) Das ist toll: Der städtebauliche Vertrag zwischen Stadt und Investor wurde kürzlich vom Stadtrat abgesegnet. In naher Zukunft erhält Brühl also sein scheinbar lang ersehntes” und unbedingt nötiges” Fachmarktzentrum mit der wohlklingenden Namensendung Galerie”.

Sicher, die Kommunalpolitik meinte es gut mit der Brühler Bevölkerung. Eine hässliche Industriebrache wird nun endlich bebaut. Einzig den Grünen in Brühl nahm man ihre Proteste, aber auch ihre Alternativvorschläge ernsthaft ab. Selbst die BVB erkannte dann letztendlich nach hartem Wahlkampf ihre politischen Irrwege des letzten Jahres und man entschied sich für das Projekt. Ein Schelm, der an Kommunalwahlkampf-Populismus denkt.


Nun gibt es einen Unterschied zwischen gut meinen” und gut können”. Wer nicht ganz die Augen verschließt, erkennt, dass ein schlüssiges Konzept Giesler-Galerie” nicht existiert oder in der Vergangenheit existierte: Zunächst waren die Interessen der Beteiligten, des Eigentümers Dom-Brauerei, der Stadt Brühl sowie diverser Investoren bis heute nicht zufriedenstellend unter einen Hut zu bringen: Verkaufspreis des Grundstücks, Interessen des Investors und Interessen der Stadt. Es wurde und wird um einen Kompromiss in jeder Hinsicht gerungen: Weder ist der Standort für ein derartiges Projekt tatsächlich geeignet, noch gibt es eine Lösung für zusätzlichen Verkehr und Emission. Die Auswirkungen auf den Brühler Einzelhandel werden schön geredet und das Argument innerstädtische Lebensmittelversorgung muss permanent als letzter Trumpf für dieses Bauprojekt herhalten. Alles alte Themen, denen immer neue Konzepte und Argumente entgegengesetzt werden. Ist es momentan nun ein Fachmarkt-Konzept oder nicht? Selbst das behält sich der derzeitige Investor noch vor, nach dem Motto: Solvente Mieter sind stets willkommen, bis die Hütte voll ist.”


Ein Plus für Plus“

Wer raubte den Brühlern eigentlich in der Vergangenheit ihre Lebensmittelversorgung in der Innenstadt? Fand man es nicht noch vor Jahren als Konsument bequem und vorteilhaft, auf die Grüne Wiese” zu fahren, um kostenlos zu parken und um günstig einzukaufen? Besteht in Zukunft die Gefahr, dass die Brühler Innenstadt tatsächlich aushungert? Wer einen Zirkel und den Brühler Stadtplan nimmt, die vorhandenen Lebensmittelgeschäfte und Discounter einzeichnet und Kreise darum zieht, erkennt die tatsächlichen Versorgungslücken”.

Wer Humor besitzt, der adelt heute die Handelkette Plus” für ihre strategische Meisterleistung hinsichtlich der Standortwahl und dem Zeitpunkt für ihren Neubau in der Römerstraße. Eine klare und zeitlich perfekt abgestimmte Kampfansage an die mietinteressierten Discounter der Giesler-Galerie”. Warum an Bahnschranken verweilen, wenn es an der Römerstraße genau das gleiche in grün“ gibt?

Seltsam ist, dass diejenigen, die am härtesten von Vision Giesler-Galerie” betroffen sein werden (Anwohner einmal ausgenommen), nämlich der gesamte Brühler Einzelhandel, nach dem Prinzip Hoffnung” schweigt. Bestenfalls wurde bei öffentlichen Podiumsveranstaltungen gemurrt oder schweren Herzens” dafür entschieden.

Nun ist also der Weg frei für die geiz-ist-geil” und ich-bin-doch-nicht-blöd”-geimpften Konsumenten der Fachmärkte und für die Prozente-Junkies”, die beim Räumungsverkauf eines Einzelhändlers als erster auf der Matte stehen, um den man früher vor lauter Schlauheit” einen Bogen gemacht hat.


Es ist aus Konsumentensicht scheinheilig, ständig schöne Geschäfte” zu fordern, um dann doch seinen Bedarf in Lagerhallen zu decken. Wer immer noch nicht erkannt hat, dass wir uns in einem Wirtschaftkreislauf befinden, in dem Preis für Ware, kundenorientierter Service und Konsumverhalten mit unseren eigenen Arbeitplätzen verbunden sind, soll weiter in die Ein-Euro-Läden” gehen und sich über seine Schnäppchen” aus Konkurs-Ware freuen. In einem freien Land kann Politik zwar im guten Glauben und mit besten Bemühen” Weichen stellen, aber der Konsument und sein Kaufverhalten entscheiden schließlich: Man bekommt das, was man verdient“.

Vielleicht wird in ferner Zukunft unser emotionaler Wunsch nach traditionellem Einzelhandel und den schönen Geschäften” mit geschultem Verkaufspersonal durch eine Art Freilicht-Museum à la Kommern gedeckt werden. Selbstverständlich auf der grünen Wiese” und mit ausreichend kostenlosen Parkplätzen. Man kauft dort nicht, sondern zahlt Eintritt.

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