"Die Leute wundern sich, wie schnell wir die Probleme beseitigen"
Es kommt nur ganz selten vor. Aber manchmal kann auch Wolfgang Gérard nicht mehr weiterhelfen. Neulich hatte er wieder so einen Fall. "Eine ältere Dame rief mich an und erzählte mir, dass ihr Mann vor kurzem gestorben sei und sie sich um die Ruhestätte kümmert. Aber auch ihre Schwägerin pflanzt Blumen auf dem Grab, leider genau die, die ihr Mann partout nicht leiden konnte. Das wollte sie nicht. Ob ich ihr nicht helfen könne, wollte sie von mir wissen", erzählt Wolfgang Gérard schmunzelnd. "Aber in dem Fall konnte ich nun wirklich nichts tun."
Doch das ist die Ausnahme. Im Normalfall findet er eine Lösung. Denn Wolfgang Gérard ist Beschwerdemanager der Stadt Brühl und dafür zuständig, dass alle ihm gemeldeten größeren und kleineren Missstände in der Stadt behoben werden. Kaum einer kennt sich so gut im Dickicht der Stadtverwaltung aus wie er. Er weiß genau, wer für welche Probleme zuständig ist und sie beseitigen kann. Deshalb machte ihn der frühere Bürgermeister Willi Mengel vor acht Jahren zur zentralen Anlaufstelle für alle Beschwerden. Und davon gibt es reichlich. Rund 800 Briefe erreichen die Stadtverwaltung im Jahr, hinzu kommen bis zu 15 Anrufe täglich auf dem Bürgertelefon (Rufnummer 02232/ 794440).
Die häufigsten Beschwerden
Worüber beschweren sich die Leute am häufigsten. "Das sind seit Jahren die gleichen Sachen", berichtet Wolfgang Gérard. "Es geht um Schmutz und Dreckecken. Wobei das viel besser geworden ist, seit wir in Brühl die Altpapiercontainer abgeschafft haben. Es geht um wilden Müll, um Autoreifen oder Waschmaschinen, die rücksichtslose Menschen einfach irgendwo hinschmeißen. Es geht um Hundekot, wobei uns dann auch oft die Hundehalter namentlich genannt werden. Es geht um Baustellen und dadurch entstehende Lärm- und Schmutzbelästigungen."
Dienstleistung für den Bürger
Wolfgang Gérard nimmt alle diese Hinweise auf und informiert dann die zuständigen Stellen mit der Bitte um Abhilfe. "Bei uns läuft alles trichterförmig zusammen. Dadurch entlasten wir andere Abteilungen." Mit "wir" und "uns" meint der Beschwerdemanager die Abteilung "Bürgerberatung", die er seit dem Jahr 2000 zusätzlich leitet. Eigentlich ist Wolfgang Gérard ja gar kein Beschwerdemanager mehr, sondern offiziell der Abteilungsleiter Bürgerberatung, in deren Aufgabengebiet wiederum das Beschwerdemanagement liegt. Aber das ist eine andere Geschichte.
Egal mit welchem Titel er ausgestattet ist, Wolfgang Gérard versteht sich und sein aus 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehendes Team als Dienstleistung für den Bürger. "Wir sind die Mittler zwischen den Bürgern und der Stadtverwaltung. Mit dem Rat und der Verwaltung haben wir ein Gentleman Agreement, dass wir die verärgerten Bürger übernehmen, dafür im Gegenzug erwarten, dass die Sachen dann schnell erledigt werden", sagt er.
"Jeder Bürger soll wie ein König behandelt werden", lautet sein Credo. "Leider benehmen sich nicht alle Bürger wie Könige." Dann ist psychologisches Geschick gefragt. Wolfgang Gérard bittet die Leute in sein Büro und setzt sich mit ihnen in die gemütliche Sitzecke. "Sie sollen sich ebenbürtig fühlen und das Gefühl haben, in einem Wohnzimmer zu sitzen. Dann kann man sich in aller Ruhe sachlich über die Probleme unterhalten."
"Ich bin ja froh über jeden Bürger, der uns auf einen Missstand aufmerksam macht. Viele Menschen glauben doch, wir tun nichts. Alle regen sich auf, aber kaum einer handelt, wenn etwa eine Straßenlaterne nicht mehr brennt. Doch wir wissen von den meisten Problemen nichts und können sie dann auch nicht abstellen", sagt Wolfgang Gérard. "Ich habe schon oft von den Leuten gehört, dass sie glauben, ein Anruf bei der Stadt bringe eh nichts, weil wir doch nichts ändern können. Und dann wundern sich diese Leute, wie schnell wir die Probleme beseitigen."
Nicht immer aber lassen sie sich mit einem Telefonanruf erledigen. Das merkt Wolfgang Gérard vor allem dann, wenn die Anforderungen komplizierter werden, wenn es um Fragen an die Bürgerberatung geht. "Wenn der Bürger ein Problem hat, kommt er oft zum Rathaus und landet bei uns. In komplizierteren Fällen können wir nur Hilfestellungen oder Ratschläge geben, aber keine juristische Beratung. Das ist oft ein schmaler Grad", erklärt er. "Wir verweisen dann an die Verbraucherberatung oder ans Amtsgericht, wo es eine Beratung durch Rechtspfleger gibt."
Wolfgang Gérard privat
Wolfgang Gérard wimmelt niemanden ab. Der schönste Aspekt seiner Arbeit sei der, den Leuten helfen zu können. "Es hat sich herumgesprochen, dass wir versuchen, zu helfen", sagt der 58-Jährige. "Das ist ja auch so gewollt. Nur an manchen Tagen prasselt so viel auf einen ein, dass man kaum Zeit zum Luft holen hat und abends platt ist." Dann fällt es ihm daheim in Immendorf schwer, von der Arbeit abzuschalten und sich seiner Frau und seinen Hobbies zu widmen. Inzwischen ist der seit 1969 glücklich verheiratete Familienvater auch Opa geworden. In seiner Freizeit beschäftigt sich Wolfgang Gérard mit Briefmarkensammeln und der Heimatgeschichte. Zwei kleine Büchlein hat er schon verfasst. Außerdem engagiert er sich als Vorsitzender im Bürgerverein Immendorf.
Die Bürgerberatung
Seit fast 25 Jahren arbeitet Wolfgang Gérard bei der Stadt Brühl. In vielen Abteilungen war er selbst tätig. Er kennt alle Abläufe und Schaltstellen der Verwaltung, und er kann mit Menschen umgehen. Er ist ja sogar seit 1985 auch Standesbeamter und hat schon viele Ehen geschlossen. Die Bürgerberatung, das "Herzstück der Verwaltung", ist in seinen Händen gut aufgehoben. "90 Prozent aller Dinge, die die Bürger im Rathaus erledigen müssen, können sie in der Bürgerberatung machen", schätzt Wolfgang Gérard. "Viele profane Dinge können bei uns bearbeitet werden. In anderen Städten sind dafür teure Sachbearbeiter der Fachbereiche zuständig, die dadurch wiederum von wichtigeren Dingen abgehalten werden. Im Brühler Rathaus wird das Personal dagegen meiner Meinung nach sehr effizient eingesetzt."
In der Bürgerberatung können die Bürger an sechs Tagen in der Woche die Serviceleistungen nutzen oder notwendige Behördengänge erledigen. Besonders wichtig sind dabei alle Formalitäten rund um den Personal- oder Reisepass. Und oft genug kommt es vor, dass wieder einmal Wolfgang Gérard Fähigkeiten als Krisenmanager gefragt sind. Nämlich dann, wenn wichtige Ausweisdokumente im Ausland verloren gegangen sind oder gestohlen wurden. "Dann klingelt bei uns das Telefon", erzählt er. "Am anderen Ende der Leitung sind häufig sehr aufgeregte Menschen in der Türkei oder in Portugal, die von uns wissen wollen, ob wir ihnen die Dokumente beschaffen können und was sie tun müssen. Wir beruhigen sie erst einmal, stellen dann alles zusammen, leisten die notwendigen Unterschriften und faxen die Unterlagen an die zuständigen Botschaften oder Konsulate." Bislang konnte noch jedem geholfen werden.
Die Bürgerberatung, die übrigens im Rathaus am Steinweg untergebracht ist, hat geöffnet: Montags und dienstags von 7.30 Uhr bis 16 Uhr, mittwochs von 7.30 Uhr bis 14 Uhr, donnerstags von 7.30 Uhr bis 18 Uhr, freitags von 7.30 bis 12.30 Uhr und samstags von 10 bis 12.30 Uhr. Übrigens: Beim Blick auf die täglich wechselnden Öffnungszeiten können wir uns natürlich nicht den Hinweis verkneifen, dass es doch der Bürgermeister war, der sich immer für einheitliche Öffnungszeiten der Brühler Geschäfte ausgesprochen hat.
Tobias Gonscherowski