Jahrgang 2006
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"Wir erreichen eine breite Bevölkerung"

Seit April 2005 leitet Dr. Stefan Mittelstedt die Volkshochschule (VHS) Rhein-Erft. Der 50-Jährige studierte in Köln Mathematik und Philosophie. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität. Seit 1988 ist er hauptberuflich bei der VHS, zunächst war er Fachbereichsleiter und dann fünf Jahre stellvertretender Leiter. Dr. Stefan Mittelstedt ist verheiratet - seine Frau Gudrun leitet übrigens die VHS in Erftstadt - und Vater von zwei kleinen Kindern. In seiner Freizeit liest er gerne, spielt er Beachvolleyball oder besucht er Konzerte.
 
BBB: Herr Mittelstedt, worin sehen Sie die Hauptaufgabe der VHS?
Dr. Stefan Mittelstedt: Wir sind vor allem eine Einrichtung für die breite Bevölkerung, die Erwachsenen Bildung vermitteln will. Wir sind keine Bildungseinrichtung für die Besserverdienenden. Zu unseren Hauptaufgaben gehören die Sprach- und Alphabetisierungskurse für Migranten sowie die Möglichkeit, nachträglich einen Schulabschluss, einen Hauptschulabschluss oder die Fachoberschulreife, zu erwerben. Rund ein Drittel unserer über 38.000 Unterrichtsstunden entfallen auf Fremdsprachen. Wir bieten Kurse in 15 Sprachen an, darunter auch ein Chinesisch-Kurs, der überraschenderweise sehr gut angelaufen ist. Insgesamt ist die finanzielle Zukunft der Volkshochschulen in NRW schwierig, da nach Kürzungen der Zuschüsse in der Vergangenheit weitere gravierende Kürzungen drohen. Zurzeit wird darüber hinaus diskutiert, ob freizeitorientierte Kurse weiterhin aus kommunalen Mitteln gefördert werden sollen, wenn die öffentlichen Kassen leer sind. Deshalb erheben wir für solche Kurse erhöhte Gebühren. Allerdings ist die Grenzziehung außerordentlich schwierig.
 
BBB: Wie haben sich die Angebote im Laufe der Jahre verändert?
Dr. Mittelstedt: Vor zehn Jahren gab es noch eine enorme Nachfrage an EDV-Kursen, an Kursen zur Einführung mit dem PC, zum Office-Paket und zum Internet. Diese Nachfrage ging kontinuierlich zurück, und im Moment verzeichnen wir da einen starken Rückgang. Auch Kurse zur politischen Bildung werden nicht mehr ganz so gut angenommen. Dafür gibt es einen starken Zulauf an Sprachkursen für Migranten, Spätaussiedler und auch - verzeihen Sie diesen leider offiziellen Ausdruck - "Bestandsausländern", also ausländischen Mitbürgern, die hier schon seit Jahren leben. Auch sie können jetzt nach dem neuen Bundesgesetz zur Teilnahme verpflichtet werden.
 
BBB: Welche Kurse werden in diesem Halbjahr erstmals angeboten?
Dr. Mittelstedt: Es gibt neue Angebote im Bereich berufliche Bildung. Wir bieten die Möglichkeit an, sich zur geprüften Fachkraft für Finanzbuchführung fortzubilden. Damit hoffen wir auch Firmen anzusprechen. Wir werden auch Kurse in englischer Sprache abhalten, z.B. einen Kurs über indische Küche. Auch Selbstverteidigungskurse für junge Erwachsene sind neu im Programm.
 
BBB: Besteht noch die Möglichkeit, in laufende Kurse einzusteigen?
Dr. Mittelstedt: Der Semesterbeginn war ja bereits in der letzten Augustwoche. In manche Kurse können Interessierte sicherlich aber noch einsteigen. Sie sollten sich aber vorher mit den zuständigen Dozenten abstimmen. Es gibt aber auch noch viele Wochenendseminare, die noch anstehen. Das gesamte VHS-Programm finden Sie übrigens auch im Internet unter www.vhs-rhein-erft.de.
 
BBB: Wie sehen Sie die Zukunft der VHS?
Dr. Mittelstedt: Weiterbildung wird ein großes Thema bleiben, gerade dann, wenn die Bevölkerung älter wird und immer länger arbeiten muss. In Zeiten der Globalisierung wird Bildung immer wichtiger. Ich fürchte allerdings, dass die Bereitschaft, Bildung öffentlich zu finanzieren weiter rückläufig sein wird. Es ist schade, dass immer über Einsparungen geredet wird. Denn die VHS stellt ein sehr kostengünstiges Angebot bereit. Wir nutzen für die Kurse in vielen Fällen abends die ohnehin vorhandenen Räume der Schulen. Wir arbeiten mit 350 nebenberuflichen Dozenten zusammen, die zwischen 14 und 18 Euro in der Stunde verdienen. Und wir verzeichnen nach wie vor mit 16.000 Teilnehmern sehr hohe Teilnehmerzahlen. In den letzten fünf Jahren war jeder vierte Erwachsene in unserem Einzugsgebiet mindestens einmal in einer VHS Veranstaltung. Das zeigt, wir erreichen die breite Bevölkerung.
 

 

 

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