Jahrgang 2007
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„Ich wollte immer meine eigenen Ideen umsetzen“

Ein stolzes Jubiläum feiert in diesen Tagen Ingrid Chrostek. Seit fünfzig Jahren besteht ihre „Ballettschule der Schlossstadt Brühl“. Die unermüdliche Ballettmeisterin hat im Laufe der Jahrzehnte über 10.000 Schüler ausgebildet und sich einen herausragenden Ruf weit über die Stadtgrenzen Brühls hinaus erworben. Der Brühler Bilderbogen hat sie besucht.

 

BBB: Frau Chrostek, Sie wurden in Köln geboren, haben aber Ihre Ballettschule vor fünfzig Jahren in Brühl gegründet. Warum fiel Ihre Wahl auf Brühl?

Ingrid Chrostek: Als ich neun Jahre alt war, wurden wir in Köln ausgebombt. Wir sind dann zu Verwandten nach Brühl gezogen und haben zu viert in einem Zimmer gewohnt. Insofern kenne ich Brühl schon von Kindesbeinen an. Als ich dann mit 25 Jahren beschloss, mich selbständig zu machen, habe ich mich für Brühl entschieden, weil es dort im großen Umkreis keine Ballettschule gab. Die nächsten waren in Köln und Bonn zu finden. Ich war damals schon eine sehr erfolgreiche Tänzerin, bildete mich stets weiter und habe mit namhaften Meistern zusammengearbeitet. Ich habe auch etwa beim Hamburger Filmballett Choreographien erarbeitet, wurde aber in diesem Zusammenhang namentlich noch nicht einmal als Assistentin genannt. Das hat mich geärgert. Ich mag keine Leute, die sich mit fremden Federn schmücken und die Nase hochhalten. Deshalb habe ich den Sprung in die Selbständigkeit gewagt und diesen Schritt nie bereut. Ich wollte meine eigene Chefin sein und meine eigenen Ideen umsetzen. Ich habe auch in der Zeit, in den sechziger Jahren, als erste Ballettmeisterin in Deutschland Ballettkurse an der Volkshochschule gegeben, teilweise sieben Kurse parallel in verschiedenen Städten. In den vergangenen fünfzig Jahren habe ich mehr als 10.000 Schüler ausgebildet, von denen viele auch Verträge an Theatern erhielten oder später selbst Lehrer wurden.

 

BBB: Haben Sie für Ihre Ballettschule Ihre eigene Karriere als Tänzerin aufgeben müssen?

Chrostek: Nein, ich habe ja noch lange selbst bei meinen eigenen Veranstaltungen getanzt. Jedes Jahr gab und gibt es einen großen Ballettabend in Brühl, außerdem wurden wir oft engagiert. Ich hatte noch genügend Gelegenheiten selbst oder mit Schülern zu tanzen. Außerdem bin ich ein sehr kreativer Mensch. Ich sehe manchmal sogar fast schon zu viel, ganz banale Dinge im Alltag. Ständig kommen mir neue Ideen. Ich muss nur aus dem Fenster schauen. Dann sehe ich Menschen, die ständig ihr Handy am Ohr halten, dann sehe ich Schüler, die achtlos ihre Papiertüten vom Bäcker wegschmeißen. Solche Themen habe ich in meinem Ballett „Zeitgeist“ aufgegriffen.

 

BBB: Zum 50-jährigen Bestehen Ihrer „Ballettschule der Schlossstadt Brühl“ haben Sie sich einiges einfallen lassen.

Chrostek: So ist es. Wir haben einen Tag der offenen Tür veranstaltet, eine Fotoausstellung mit vielen Bildern gezeigt, die auch jetzt noch im Ballettraum zu sehen ist. Ich erinnere mich genauso gerne an die Tournee mit Marika Rökk, an internationale Tanzwettbewerbe wie den „Concorso Viotti“ in Italien oder den „Prix de Lausanne“ in der Schweiz sowie Auftritte mit Udo Jürgens, Albano, Ivan Rebrov, Ireen Sheer oder Heino wie an die vielen Veranstaltungen in Brühl, beim Brühler Markt oder anlässlich des „Riss im Himmel“. Der Bürgermeister Michael Kreuzberg hat ein paar wirklich nette, persönliche Worte gesagt. Es gab einige verschiedene Ballettaufführungen in der Schule und vor dem Geschäft am Balthasar-Neumann-Platz, wo ich jetzt seit über dreißig Jahren wohne. Ich habe eine Wohnung im obersten Stock mit einem herrlichen Blick auf das Schloss und bei guter Sicht bis hinein ins Siebengebirge.

 

BBB: Außerdem steht wie in jedem Jahr der große Ballettabend in der Aula des Max Ernst Gymnasiums auf dem Programm.

Chrostek: Richtig, wir werden am 24. November, einem Samstag, ab 19.30 Uhr wieder ein spannendes Programm präsentieren. „Aller Anfang ist schwer“ ist unser Arbeitstitel. Es wird ein modernes Ballett geben, eigene Kindertänze, die meine Assistentin Jenny Gerhards mit den Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren einstudiert hat. Ich freue mich schon sehr auf diesen Abend, auch wenn wieder eine Menge Arbeit damit verbunden ist, die mir in meinem Alter auch nicht unbedingt leichter fällt, zumal auch die Kinder von heute alles nur noch „cool“ oder „geil“ finden und immer häufiger auch widersprechen. Das liegt wohl an den äußeren Einflüssen. Jeder, der ein bisschen singen und tanzen kann, tritt schon im Fernsehen auf und glaubt er wäre ein „Superstar“.

 

BBB: Sie sind in diesem Jahr 75 Jahre alt geworden und unterrichten nach wie vor tagtäglich in Ihren Kursen. Wie lange wollen Sie das alles noch machen?

Chrostek: Was die Zukunft meiner Schule betrifft, wünsche ich mir, sie in gute, erfahrene Hände zu geben, damit sie vielleicht auch weitere fünfzig Jahre erfolgreich bestehen kann. Ich werde sicher bald etwas kürzer treten, möchte aber auch weiterhin ein bisschen mitmischen und nicht von heute auf morgen ganz aufhören. Ich bin mit einer Schülerin und inzwischen ausgebildeten Tanzlehrerin in Kontakt, die ich mir sehr gut als meine Nachfolgerin vorstellen könnte.

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