Jahrgang 2008
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„Kunst und Kultur müssen gefördert werden”

„Kunst und Kultur“ schreibt sich die Stadt Brühl seit Jahren auf ihre Fahnen. Brühl hat viel zu bieten: die Schlösser, das Max Ernst Museum, eine attraktive gewachsene Innenstadt mit dem Museum für Alltagsgeschichte und dem Keramikmuseum, das Phantasialand und vieles mehr. Die Stadt schmückt sich damit, die Kunst und Kultur zu fördern, durch Stipendien, durch zahlreiche Kulturprogramme, durch einen vielfältigen Veranstaltungskalender. Die Stadt tut viel. Aber tut sie auch genug für die bildenden Künstler in Brühl? „Nein“, findet Günter Wagner, der ehemalige langjährige Vorsitzende des Brühler Kunstvereins. Wir haben ihn und die Brühler Buchhändlerin Karola Brockmann, die einen anderen Schwerpunkt setzt, zum persönlichen Gespräch getroffen, um mit ihnen über private und geschäftliche Initiativen zu sprechen.

Karola Brockmann und Günter Wagner verbindet, dass sie sich beide aus unterschiedlichen Interessen dafür erfolgreich engagieren, das kulturelle und künstlerische Angebot Brühls zu bereichern. In ihrer Buchhandlung, die vor wenigen Tagen ihr einjähriges Bestehen feierte, hat Karola Brockmann bereits über dreißig Veranstaltungen realisiert: Lesungen, Konzerte, Buchvorstellungen und vieles mehr.

„Mein Ziel ist es, dass die Buchhandlung zu einem kulturellen Treffpunkt wird mit dem Schwerpunkt Buch und Musik in Verbindung mit Kunst und Handel“, sagt sie. „Ich gehe mit dem Anspruch heran, Autoren und Referenten zu entdecken, mit dem Ziel, interessante Veranstaltungen zu machen. Die große Bandbreite reicht vom Weinbau im Vorgebirge, über ein Gitarrenkonzert, esoterische Diskussionen bis hin zu von Mitgliedern des Kleinen Theater Brühl vorgetragenen Weihnachtsgeschichten.“

Günter Wagner hat kürzlich Kunstschaffende aus dem Brühler Stadtgebiet eingeladen, um mit ihnen nach Möglichkeiten zu suchen, auf sich und ihre Arbeit aufmerksam zu machen. „Wir wollen im kommenden Jahr in Brühl einen gemeinsamen Tag des Offenen Ateliers durchführen“, berichtet der Journalist vom Ergebnis des Treffens. „Der erste Termin ist für Sonntag, den 10. Mai 2009 geplant. Bereits jetzt wollen sich sieben Künstlerinnen und Künstler daran beteiligen.“


Rathausgalerie wird vermisst

Die Aktion sei notwendig, meint Günter Wagner, weil in Brühl seitens der Stadt zu wenig für die heimischen Künstler getan werde. „Die Stadt Brühl engagiert sich im Max Ernst Museum, für die regionale Kulturszene jedoch wenig bis gar nicht. Inzwischen gibt es ja nicht einmal mehr städtische Ausstellungsräume“, kritisiert der 49-jährige Kunsthistoriker. „Früher gab es wenigstens noch die Rathausgalerie, in der sich Künstler, Vereine und Initiativen in all ihrer bunten Vielfalt vorstellen konnten. Da war für jeden etwas dabei, es lief sehr demokratisch per Anmeldung ab. Die steht jetzt nicht mehr zur Verfügung. Einen Ersatz dafür hat die Stadt nicht geschaffen. Viele Menschen glauben ja, die Orangerie, in der viele Ausstellungen stattfinden, sei städtisch. Aber das stimmt nicht. Die Orangerie muss von den Künstlern gemietet werden. Auch die Galerie am Schloss ist es kostenpflichtig.“

Das Problem sei, dass der Gegenwert von Kultur nicht messbar sei, meint Günter Wagner. „Kunst und Kultur bringt keinen Profit. Aber Ausgaben für Kultur, sind Ausgaben, die man machen muss. Eine Kulturförderung ist nötig, genauso wie Spiel- und Sportplätze nötig sind, die auch Geld kosten.“

Im Rahmen ihrer Buchhandlung (Informationen unter www.brockmann-buecher.de) fördert Karola Brockmann die Brühler Kulturszene. „Ich sehe viel Potenzial in Brühl. Ich biete ein Forum für Bücher und Menschen. Hier werden Erstlingswerke Brühler Autoren vorgestellt, hier kommen Menschen zum Thema „Neues Denken“ zu Wort. Hier finden Cembalo-Konzerte statt. Die Buchhandlung gibt dabei einen schönen Hintergrund ab. In Zukunft möchte ich auch einen Literaturkreis bilden. Viele Menschen möchten sich über die Bücher, die sie lesen, mit anderen Lesern austauschen. Ich suche da noch Leute, die Interesse haben und habe auch bereits Kontakte zu Monika Müller-Brühl, die einen VHS-Kurs zu dem Thema anbietet, geknüpft, auch zu Werner Höbsch, der im Domforum Vorträge hält.“

„Privatinitiativen sind immer herzlich willkommen“, meint Günter Wagner. „Ohne sie geht es nicht. Aber dennoch müsste die Stadt mehr tun. Statt dessen wird immer am Kulturetat als erstes gekürzt. Der Kunstverein bekommt immer weniger Zuschüsse, Ausstellungsräume fehlen. Es gibt keine städtischen Initiativen für Brühler Künstler. In Wesseling organisiert die Stadt einen Künstlermarkt mit Ausstellungen im Park, im Rathaus finden Ausstellungen statt. In Frechen gibt es etwas Ähnliches. In Brühl passiert nichts.


Eigeninitiative der Künstler gefragt

So müssen sich die Brühler Künstler um sich selbst kümmern und sich um Ausstellungsmöglichkeiten bemühen. Im kleinen Rahmen erfahren die Künstler auch durch Karola Brockmann Unterstützung. In ihrer Buchhandlung hat sie an exponierter Stelle einige Bilder der Malerin Barbara Kämpf aufgehängt, die man auch käuflich erwerben kann. Eine Provision nimmt die Buchhändler dafür nicht. „Ich möchte den Künstlern Mut machen“, erklärt die 49-Jährige. „Ich stelle allerdings nur Bilder aus, die in meine Buchhandlung passen.“

Karola Brockmann sieht die Stadt nicht so sehr in der Verantwortung wie Günter Wagner. Sie glaubt, dass Künstler eigeninitiativ tätig werden sollten. Sie selbst wagte im vergangenen Jahr den Sprung in die Selbständigkeit. 1979 hatte sie in Brühl als Jungbuchhändlerin ihre berufliche Karriere gestartet, war dann viele Jahre Geschäftsführerin der Buchhandlung Köhl, die im letzten Jahr von einer Kette übernommen wurde. Die in Kettwig geborene Unternehmerin steckte die Ersparnisse der Familie in ihr Wunschprojekt und hat es keine Sekunde bereut. „Aktiv gestalten, macht Spaß“, sagt sie. „Es entwickelt sich etwas daraus. Was für einen selbst interessant ist, ist auch für andere interessant. Bei der Buchhandlung passte viel zusammen: das Objekt, der Zeitpunkt, die Erfahrung, das Vertrauen der Familie. Es ist ein Geschenk und eine Freude, ein Sahnehäubchen.“

Auch Günter Wagner setzt sich für Künstler ein. Auf seiner informativen Homepage www.einfachblau.de stellt er Künstler aus dem Rhein-Erft-Kreis vor und informiert in einem monatlichen Newsletter über aktuelle Veranstaltungstermine. Er bringt Brühler Künstler im Rahmen seiner Aktion „Offenes Atelier“ zusammen an einen Tisch. Interessierte Künstler, die ihr Atelier ebenfalls präsentieren möchten, erhalten Informationen per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Den Bürgermeister hat Günter Wagner bereits angeschrieben und um Unterstützung für die Aktion gebeten. Ein Zuschuss für die Druckkosten für Flyer oder Plakate wäre ein Anfang. Für die Kunst und die Kultur.

Tobias Gonscherowski

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