Jahrgang 2010
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Der Sound einer Bigband ist unverwechselbar”·

Seltener Besuch weilte kürzlich in Brühl. Lee Chegwidden, der langjährige Musik- und Englischlehrer des Max Ernst Gymnasium und Gründer der dortigen Bigband, schaute vor wenigen Tagen wieder einmal bei seinen alten Freunden, Kollegen und bei Elmar Frey, seinem Nachfolger als Bigbandleiter, vorbei. Zusammen mit seiner Frau Debbie war Lee Chegwidden aus Florida zu einer gut zweiwöchigen Urlaubsreise nach Brühl gekommen. Wir trafen den legendären Musikpädagogen aus Amerika im Büro und im Beisein von Elmar Frey und führten beiden ein spannendes, persönliches Gespräch.

Seit über 30 Jahren kennen sich Lee Chegwidden und Elmar Frey inzwischen. 1977 war es, als der Amerikaner am Städtischen Gymnasium der Stadt Brühl, dem heutigen Max Ernst Gymnasium, eine Bigband ins Leben rief. „Ich habe zusammen mit Christina Kröhne und Albert Elbert neu an der Schule angefangen. Nach kurzer Zeit machten wir uns daran, Projekte zu verwirklichen“, erinnert sich Lee Chegwidden. Ein Schulorchester, ein Schulchor und eben die Bigband wurden gegründet. Die dafür erforderlichen Musikinstrumente mussten erst einmal organisiert und angeschafft werden. Unterstützt wurden die engagierten Pädagogen dabei von der damals noch privaten Musikschule – nicht nur mit Instrumenten sondern auch von fähigen Dozenten. Als sich die ersten Erfolge einstellten, beantragten die Lehrer Sondermittel, die damals noch gerne bewilligt wurden.

Die Schüler machten begeistert mit. Manche konnten bereits Instrumente spielen, manchen wurden kurzerhand zu einem „verdonnert“. Gespielt wurden Stücke wie „Satin Doll“ von Duke Ellington, „Mandy“ von Barry Manilow oder „Tuxedo Junction“ von Glenn Miller. Ein Jahr nach der Gründung der Bigband stieß der damals 15-jährige Saxophonist Elmar Frey zur Truppe dazu. Auch später bekannte Musiker wie etwa Ralph Manno, Norbert Ankermann, Susanne Riemer oder Matthias Petzold spielten in der Band. Doch keiner blieb so lange wie Elmar Frey. „Lee hat die Begeisterung für die Jazzmusik gehabt und rübergebracht“, sagt der heutige stellvertretende Leiter der Kunst- und Musikschule.

Die Bigband machte sich schnell einen Namen, der weit über die Grenzen Brühls hinaus ging und gewann einige Preise. Doch 1985 zog es Lee Chegwidden wieder zurück in sein Heimatland. Er übersiedelte nach Stamford/Connecticut vor die Tore von New York. Als sein Nachfolger als Leiter der Bigband wurde Elmar Frey vorgestellt. „Ich habe als Schüler in der Bigband gespielt. Es hat mich unheimlich motiviert, mit den Jugendlichen zu arbeiten“, blickt Elmar Frey zurück, der damals gerade einmal 22 Jahre alt war und noch studierte.

Seit 25 Jahren ist Frey nun verantwortlich für die Musiker, die wie zu Zeiten ihrer Gründung immer noch jeden Montag von 15 bis 19 Uhr in der Aula des Max Ernst Gymansiums proben, allerdings schon seit langer Zeit nicht mehr als Band des Gymnasiums, sondern als Bigband der Kunst- und Musikschule der Stadt Brühl. Rund 60 Bandmitglieder im Alter zwischen 11 und 70 Jahre alt zählen die Bigband und die Nachwuchsbigband.


JAZZ-Night am 6. Juni
Im Juni ist der Terminkalender der Band wieder voll gepackt. Am 6. Juni tritt die Bigband im Rahmen des „brühlermarkt“ im Rathaus-Innenhof auf. Bei der „JAZZ-Night“ erwartet die Zuschauer ein packendes Programm hinreißender Jazznummern und mit dem Stargast Professor Hans-Peter Salentin einer der führenden Jazztrompeter Europas, der vor 30 Jahren auch schon als Student mit der Band spielte.

Nach dem Konzert bereitet sich die Bigband auf den Bundeswettbewerb des Deutschen Musikrates für Jugendjazzorchester vor, der am 26. und 27. Juni in Bingen am Rhein ausgetragen wird. „Als Gewinner des Jupiter Preises für die beste Schülerbigband im Jahr 2005 werden wir so ein bisschen in die Favoritenrolle gedrängt“, sagt Elmar Frey. „Das ist nicht die allerbeste Ausgangsposition. Aber wir wollen schon ins Finale der besten sechs Bands. Das Wettbewerbsprogramm präsentieren wir übrigens auch bei unserem Konzert am 6. Juni.“

Niemand hätte aber etwas dagegen, wenn die Band wie vor fünf Jahren den Hauptpreis abräumen würde. Als beste Schülerbigband Deutschlands durfte den Brühler eine Woche lang auf China-Tournee gehen und auch eine CD produzieren. Elmar Freys versteht sich schon als Perfektionist, wobei auch gerade im Jazz die Improvisation eine wichtige Rolle spielt. „Ich bin schon sehr perfektionistisch, aber es gibt Dinge, die wichtiger als Perfektion sind. Was nicht in den Noten steht, die Musik, der Spaß, das Spiel. Musizieren ist ein Spiel. Perfekte, freudlose Musik kann nicht begeistern. Die braucht kein Mensch.“

Sein Motto ist noch das gleiche wie jenes von Lee Chegwidden: „It don’t mean a thing, if it aimed got that swing.“ Es ist der Name eines Hits von Duke Ellington von 1931. „Die Musik, der Swing, die Freundschaften und die Verbindung zu den Bandmitgliedern“, führt Elmar Frey an, wenn er seine seit über 25 Jahren bestehenden außergewöhnliche Motivation für die Bigbandleitung begründen soll. Mit seinem alten Lehrmeister trifft er sich in unregelmäßigen Abständen alle zwei, drei Jahre. „Wir sind richtig gute alte Freunde“, sagt Elmar Frey. „Ich habe Lee unfassbar viel zu verdanken. Er hat mich auch in Englisch unterrichtet. Er war und ist für mich eine Vaterfigur, ein Freund und ein Förderer.“ Sein erstes Saxophon bekam er von Lee Chegwidden aus den USA mitgebracht.


Jazz ist Improvisation
Mit der ganzen Brühler Bigband tourten sie in den neunziger Jahren durch New York und in Stamford, dem damaligen Wohnort Chegwiddens. Dort heimsten sie auch einen Sonderpreis für eine „Outstanding Performance“ ein. „Der Sound einer Bigband ist unverwechselbar und hat einfach etwas Befriedigendes und Geniales“, sagt Elmar Frey, der sich nie hätte träumen lassen, die Band so lange zu leiten. „Der Jazz ist Improvisation und lässt viel Raum für Improvisation.“

Elmar Frey wurde 1963 in Eberbach am Neckar geboren. Als Achtjähriger zog er mit der Familie nach Brühl, 1982 bestand er sein Abitur. Zwei Jahre später begann er als Saxophon-Dozent mit drei Schülern an der Kunst- und Musikschule. 1985 übernahm er die Bigband und seit 1999 ist er Stellvertreter von Bernhard Schoch. Kurz gesagt, Elmar Frey war und ist der bestmögliche Nachfolger von Lee Chegwidden.

Ich habe ihn damals als meinen Nachfolger ausgewählt“, erinnert sich Lee Chegwidden, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert. 1940 wurde er in New York geboren. Er studierte Musik und Deutsch und wollte Lehrer in Europa werden, da die Musiklehrer in den USA damals nur für die Marshing Bands zuständig waren und ihm das nicht reichte. Er heuerte zusammen mit zwei weiteren Amerikanern auf der „Schwanheim“, einem deutschen Schiff an, fuhr drei Monate über die Meere, lernte die deutsche Sprache noch intensiver und ging schließlich in Bremerhaven von Bord. Eigentlich wollte er sich in Wien an der Universität einschreiben, dann aber blieb er in Frankfurt hängen, wo er Musikwissenschaften studierte. Später arbeitete er auch ein Jahr in Nizza.

Ich habe Sprachen immer sehr gemocht und wollte Sprachlehrer werden“, erzählt Lee Chegwidden. Irgendwann in den Siebzigerjahren landete er am Brühler Gymnasium und war froh, dass er Musik unterrichten konnte, ein Fach, in dem es nicht viele schriftliche Arbeiten zu korrigieren galt. Er widmete sich lieber der praktischen Arbeit mit seinen Bands. Nach seiner Rückkehr nach Amerika 1985 unterrichtete er dort bis zu seiner Pensionierung an einer Schule in Stamford. Heute wohnt Lee Chegwidden mit seiner Frau in Sarasota in Florida und genießt sein Rentnerdasein. Zusammen mit einem 77 Jahre alten Bassisten und einem 85-jährigen Drummer spielt er am Klavier in einem rüstigen Trio regelmäßig vor Publikum. Immer wieder jettet er über den Atlantik, um in Brühl nach dem Rechten zu schauen. Und was er dort sieht, gefällt ihm richtig gut.

Tobias Gonscherowski

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