Eichhörnchen gehören sicherlich zu den putzigsten Tieren, die einem in unseren Wäldern immer wieder begegnen. Nicht nur Kinder folgen gebannt dem Treiben der Nagetiere mit dem buschigen Schwanz, wenn diese in ihrer unnachahmlichen Art die Bäume rauf- und runterflitzen. Was aber sicherlich den meisten Brühlern unbekannt sein dürfte, ist die Tatsache, dass es in unserer Stadt auch eine Auffangstation für verletzte oder verwaiste Eichhörnchen gibt. Geleitet wird sie von Donatella Jenner. Wir haben uns mit ihr unterhalten.
Die ganze Sache kam eher zufällig ins Rollen. An einem Sonntagmorgen im März vor zwei Jahren ging Donatella Jenner wie gewöhnlich mit ihrem Hund Tilo am Pingsdorfer See spazieren, als sie plötzlich stutzte. „Ich habe einige sich komisch bewegende Tiere am Boden gesehen und bei näherer Betrachtung dann gemerkt, dass es sich um drei kleine Eichhörnchen handelte“, erzählt die Brühlerin. „Ich habe dann überlegt, was zu tun ist und die drei offensichtlich mutterlosen Tiere in meinen Schal gepackt und mit nach Hause genommen. Als ich zuhause ankam, saß mein Mann Peter mit unseren beiden Töchtern Mia und Gioia bereits am Frühstückstisch.“
Zu viert überlegten sie dann, was zu tun sei. Schnell wurden die nötigen Infos und Kontaktadressen im Internet recherchiert, dann gehandelt. „Das Wichtigste ist, dass sofern die kleinen Tierchen nicht ernster verletzt sind, sie es erst einmal schön warm haben und sie dann mit einer wohldosierten Kochsalzlösung aufgepeppelt werden“, berichtet Donatella Jenner. Nachdem das erledigt war, bekamen die drei Eichhörnchen ihre Namen. „Wir haben sie Tick, Trick und Track genannt“, lacht Donatella Jenner.
Tick, Trick und Track sind aus den Geschichten von Walt Disney bekannt. Sie sind die cleveren Drillinge und Neffen von Donald Duck, dem ewigen Pechvogel. Witzigerweise wurde Donald Duck in zahlreichen Comics und Filmen nicht nur von seinen naseweisen Neffen geärgert, sondern auch öfter von Ahörnchen und Behörnchen. Das wiederum sind zwei Eichhörnchen, womit sich der Kreis schließt.
Die drei Eichhörnchen Tick, Trick und Track von Donatella Jenners Familie befanden sich jedenfalls in besten Händen. Die gesamte Familie stürzte sich mit Feuereifer in die neue Aufgabe, hegte und pflegte die drei neuen, temporären Mitbewohner, bevor diese dann nach einigen Wochen vorbildlich ausgewildert wurden. „Alle drei haben überlebt. Das war eine schöne Sache. Wenn sie dann etwa zwölf Wochen alt sind, werden sie in die Freiheit entlassen“, sagt die „Hörnchenmama“.
Voliere im Haus, Gehege im Garten
Aus der schönen Sache wurde dann nach und nach eine professionelle Auffangstation. Donatella Jenner und ihre Familie engagieren sich nun schon seit zwei Jahren in der Organisation „Eichhörnchen-Notruf“, die sich in ganz Deutschland um verwaiste und verletzte Eichhörnchen kümmert. Besonders freut sich Donatella Jenner über die gute und unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem hilfsbereiten Wesselinger Tierarzt Dr. Marek Szczepanski, der die Tierfreundin im Gegensatz zu manch anderen Tierärzten der Region gerne bei ihrer Arbeit unterstützt. „Viele Tierärzte haben außerdem wenig Erfahrungen mit Wildtieren“, weiß Donatella Jenner.
Im Haus und auf dem Grundstück der Familie Jenner hat sich inzwischen einiges getan. Im Keller hat Peter Jenner eine große Voliere gebaut, einen größeren Käfig mit zahlreichen Klettermöglichkeiten, in dem die Tiere zunächst untergebracht werden. Zusätzlich wurde ein Gartenhaus mit Reetdach zu einem Freiluftgehege umfunktioniert. In der freien Natur wachsen die Babyeichhörnchen in Kogels auf, die die Muttertiere einem Vogelnest ähnlich in den Bäumen bauen.
„Wir müssen uns nicht nur darum kümmern, dass die Tiere wieder gesund und ernährt werden, sondern auch versuchen, ihnen einige von den Dingen zu zeigen und mit ihnen die Sachen trainieren, die eigentlich das Muttertier ihrem Nachwuchs beibringt“, erklärt Donatella Jenner, die dann wie ihre ganze Familie auch als eine Art lebendiger Kletterbaum fungiert, auf dem die Eichhörnchen hoch- und runter klettern. „Die kleinen Eichhörnchen sind sehr zutraulich und suchen nach einer Vertrauensperson. Manche sind traumatisiert und leiden unter dem Mutterverlust. Im übrigen können sie keine Krankheiten übertragen“, sagt sie. Die Aufzucht ist eine durchaus zeitintensive und mitunter auch anstrengende Arbeit, wenn mehrere Tiere gleichzeitig gepflegt werden müssen.
Einmal mussten sechs Eichhörnchen mit einer Pipette parallel versorgt werden. Das hält ganz schön auf Trab und macht auch die Unterstützung ihrer Töchter notwendig, die das gerne machen. Und es erfordert auch einige Organisation, schließlich ist Donatella Jenner auch noch in Teilzeit berufstätig. In den letzten beiden Jahren wurden rund 30 Eichhörnchenbabys in der Auffangstation gepflegt und später erfolgreich ausgewildert. Über jedes einzelne wird Buch geführt, sie werden in eine Liste eingetragen, bekommen einen Namen und werden gewogen. Verletzungen werden notiert, das Geschlecht bestimmt, das Alter geschätzt.
Auffangstation nur für Eichhörnchenbabys
Außer Tick, Trick und Track hat Familie Jenner keine „eigenen“ Fundtiere in ihrer Auffangstation aufgezogen. Die übrigen Tiere wurden von anderen Findern vorbeigebracht oder bei anderen Tierfreunden abgeholt. Die nächsten weiteren Auffangstationen befinden sich in Köln-Poll und Bonn. Das „Einzugsgebiet“ ist also ziemlich groß, schon manche längere Autofahrt und einige Tierarztbesuche liegen hinter Donatella Jenner. Außerdem werden nur Eichhörnchenbabys versorgt und keine Großtiere.
Warum es ihr ausgerechnet Eichhörnchen so angetan haben, kann Donatella Jenner erklären. „Es sind einfach positive Tiere“, sagt sie. „Sie haben so ein Dauerlächeln im Gesicht. Sie sind zierlich, putzig, haben ein sehr schönes Fell und einen weißen Bauch. Sie sind richtige Akrobaten. Sie kuscheln miteinander, sie spielen miteinander, sie kommunizieren mit drolligen Lauten, die sich wie ein Nucknuck anhören, miteinander. Sie verstecken ihre Nüsse und finden sie dann in ihrer Hyperaktivität nicht mehr. Sie sind wie gesagt einfach positiv.“
Momentan wird noch ein letztes Tier auf seine baldige Auswilderung vorbereitet. Dann ist erst einmal bis etwa Mitte Februar Ruhe im Haus. „Einerseits ist es schön, wenn einen die Tiere nicht auf Trab halten. Andererseits ertappt man sich auch dabei, sich zu fragen, wann denn das nächste Hörnchen wieder kommt“, gesteht Donatella Jenner. Wer sich für die Arbeit des Vereins „Eichhörnchen-Notruf“ interessiert, findet im Internet alle weiteren Informationen unter www.eichhoernchen-notruf.com, u.a. auch den „10-Punkte-Plan“ mit den 10 wichtigsten Schritten zur Erstversorgung von verwaisten Jungtieren. Auch wird telefonisch täglich zwischen 10 und 12 Uhr und 17 und 19 Uhr unter 0700-20020012 gerne Auskunft erteilt.
Tobias Gonscherowski