Jahrgang 2016
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„Wir müssen weiter Gas geben und in Vorleistung gehen”

(tg) Nach der langen Sommerpause rollt auch beim SC Brühl 06/45 wieder die Kugel. Die erste Mannschaft startete im Kreispokal und der Meisterschaft erfolgreich. Trainiert werden die Landesliga-Fußballer nun schon im zweiten Jahr von Tilman Waegner. Nach Platz vier in der Vorsaison peilt der 37 Jahre alte Trainer erneut die oberen Tabellenregionen an, wie er dem Brühler Bilderbogen im exklusiven Gespräch verriet.

BBB: Herr Waegner, mit welchen Gefühlen gehen Sie mit dem SC Brühl in die neue Saison?

Tilman Waegner: Das erste Pokalspiel hat viele Zweifel beseitigt. Ich habe eine sehr geschlossene Mannschaft gesehen. Das war so nicht zu erwarten, weil viele Spieler auch wegen Urlaub und verletzungsbedingt gefehlt haben. Aber das Spiel stimmt mich positiv. Der Kader ist auf dem Papier deutlich stärker geworden und ausgeglichener. Unser Trainerteam wurde durch Martin Notz weiter verstärkt. Er ist Spieler und Co-Trainer. Wir haben nun auch mit Boris Bassa einen sehr emsigen, guten sportlichen Leiter.

BBB: Wie groß ist der Kader und woran machen Sie fest, dass er besser geworden ist?

Waegner: Wir haben einen großen Kader mit 25 Spielern und deutlich mehr offensive Spieler. In der letzten Saison hatte ich nur zwei nominelle Stürmer. In dieser Saison sind es vier. Zwei von ihnen haben eine sehr gute Vorbereitung absolviert. Danny Schütz und Tolga Gercek. Sie sind hier sehr gut angekommen, haben sich eingelebt und sind etabliert. In jedem Training geben sie Vollgas. Dazu haben wir mit Martin Notz einen ehemaligen Regionalliga-Spieler, der nach langer Verletzung und Urlaub immer fitter wird. Ferner haben wir mit Nico Heyer einen sehr guten zweiten Torhüter dazu gewinnen können. Er steht absolut positiv hinter unserer Nummer eins, Thomas Nolden. Er sorgt für positive Energie und freut sich einfach, dass er dabei ist.  Weiterhin konnten wir mit Benjamin Winnersbach einen super Abwehrspieler aus der Bremer Liga holen, der mit seinen 2,05 Meter auch das eine oder andere Offensivtor erzielt hat. Mit Stefan Major haben wir aus Herkenrath einen ganz tollen Oberliga-Spieler bekommen, der unglaublich ballsicher ist und Spielerfahrung mitbringt. Er spricht mit den jungen Spielern.

BBB: Im letzten Jahr belegte der SC Brühl den 4. Platz in der Landesliga. Was ist in dieser Spielzeit drin?

Waegner: Es wird in diesem Jahr eine härtere Nuss als im letzten Jahr, den Aufstieg zu schaffen, weil zwei sehr gute Mannschaften mit Breinig und Eilendorf abgestiegen sind. Außerdem sind zwei gute Truppen aufgestiegen. Dazu gesellt sich der Geheimfavorit Hertha Walheim, die einen mega-guten Zehner bekommen haben. In der letzten Saison haben hinter Hilal drei Mannschaften unter sich den zweiten Aufsteiger ausgespielt. In diesem Jahr ist der Kreis größer. Aber wenn man in der letzten Saison oben mitgespielt und sich verstärkt hat, dann hat man natürlich auch wieder das Ziel, um die vorderen Plätze mitzuspielen.

BBB: Wie wollen Sie das schaffen?

Waegner: Mir ist wichtig, dass die Neuzugänge integriert sind. Wir haben letzte Saison einen Spieler aus der A-Jugend Bundesliga (Bonner SC, die Red.) bekommen und ihn an die Oberliga (Euskirchen, die Red.) abgegeben. Ich möchte, dass der SC Brühl ein Verein ist, zu dem junge, motivierte Spieler gerne kommen, sich verbessern und dann nach oben abgegeben werden. Wir verfolgen so ein bisschen das „SC Freiburg Prinzip”. In Brühl ist die Bereitschaft, dem Verein finanziell zu helfen, kaum vorhanden. Deshalb müssen wir eine Art Nischenprodukt verfolgen. Das ist sehr schade, weil wir mitten im Herz von Brühl bei unseren Heimspielen weniger Zuschauer haben, als Badorf oder Schwadorf.

BBB: Was kann dagegen getan werden?

Waegner: Wir haben viele Aktionen gemacht, um die Attraktivität zu steigern, bei Stadtfesten mitgemacht, Hüpfburgen organisiert, Werbemaßnahmen ergriffen, eine tolle Facebook-Seite, neue Homepage usw. Wir sind auf die Stadt und viele Menschen zugegangen. Es ist schon viel besser geworden. Es kommen Familien ins Stadion. Aber wir haben bei weitem noch nicht das Potenzial ausgeschöpft, das wir haben könnten. Wir müssen weiter für positive Schlagzeilen sorgen.

BBB: Wie hoch war der Zuschauerschnitt in der letzten Saison?

Waegner: Wir liegen grob bei 150 bis 180 Zuschauern. Brühl hat die gleiche Größe wie Heidenheim (ein Verein der 2. Bundesliga, die Red.). Aber es gibt in Brühl mit Badorf und Schwadorf zwei weitere Hochburgen. Mich erschreckt ein bisschen, dass wir mitten im Stadtzentrum spielen, aber schon zehn Meter weiter bekommt in der Fußgängerzone keiner mit, dass im Schlossparkstadion Fußball stattfindet. Im Englischen sagt man: „Hidden in plain sight.” Das bedeutet ungefähr so viel wie „vor aller Augen versteckt” und trifft auch auf das Stadion zu. Das muss besser ausgeschildert werden, wir brauchen Parkplätze. Wir müssen raus dem Versteck.

BBB: Wie verlief Ihre eigene aktive Karriere?

Waegner: Ich bin Baujahr 1979. Ich habe meine Fußballausbildung bei den Sportfreunden Siegen genossen. Dort habe ich es geschafft als eine der erster Jugendspieler, Stammspieler in der Regionalliga-Mannschaft zu werden. Das war damals die 3. Liga. Ich habe drei Jahre in der Regionalliga gespielt und habe dann ein unmoralisches Angebot erhalten und bin zu Hannover 96 gewechselt.

BBB: Wie kam es dazu?

Waegner: Per Mertesacker (der 2014 mit Deutschland Weltmeister wurde, die Red.) wurde damals in die 1. Mannschaft hochgezogen. Ich habe seinen Platz bei den Amateuren eingenommen. Ich bin Defensivstratege. Ich habe leider nicht den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft geschafft. Im Nachhinein war es die falsche Entscheidung, weil meine Mannschaft, die Sportfreunde Siegen, in dem Jahr, in dem ich gewechselt bin, mit Ralf Loose einen neuen Trainer bekommen hat, mit dem sie in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind. Genau das Jahr habe ich verpasst. Mein Jugendkumpel hat dann zwei Jahre 2. Bundesliga gespielt und ich Idiot tingelte in der Oberliga Nord herum. Andererseits war es auch mal schön, ein Leistungszentrum und die Diagnostik kennenzulernen. Ich mag Hannover. Die Erfahrung möchte ich nicht missen, aber für meine Vita hätte ich gerne in der 2. Liga gekickt. Das muss ich dann als Trainer mit dem SC Brühl nachholen... (lacht)

BBB: Man muss Ziele haben.

Waegner: Das war ein Spaß. Die Stadt scheint noch nicht dafür ausgelegt zu sein, aber Träumen wird ja noch erlaubt sein.

BBB: Seit wann sind Sie in Brühl?

Waegner: Das ist jetzt meine zweite Saison. Wir hatten damals einen Komplettumbruch und von 24 Spielern nur fünf behalten. Den Rest habe ich ausgesucht, eine Mischung aus A-Jugend-Bundesliga und etwas erfahreneren Spielern, auch verschiedene Nationalitäten. Das war mir auch wichtig. Ich wollte kreative Typen dabei haben. Wir hatten mehr Glück als Verstand. Dann kam auch noch der Tobi Siebke von einem einjährigen Auslandsaufenthalt zurück und hat uns gut unterstützt.

BBB: Was gefällt Ihnen am SC Brühl?

Waegner: Wir haben gute Typen, ein tolles positives Umfeld. Meine Jungs sind alle Sportstudenten, angehende Lehrer, Sportökonome. Wir spielen taktisch mit unserem 4-3-3 ein sehr modernes System. Wir machen Pressing und versuchen, attraktiven Tempofußball zu spielen. Es ist schade, dass es kaum einer mitkriegt. Aber wir dürfen uns nicht beschweren und müssen Gas geben und in Vorleistung gehen, dann hoffen wir, dass Sponsoren am SC Brühl Interesse zeigen.

 

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