„Wir wollen die Menschen neugierig auf Kunst machen”
Der Brühler Kunstverein feiert in diesem Jahr sein 45-jähriges Bestehen. In den kommenden Wochen und Monaten zeigt die Brühler Institution wieder eine Reihe von interessanten Veranstaltungen. Den Anfang machen im März eine neue Ausstellung und eine Lesung. Der Brühler Bilderbogen traf Gaby Zimmermann, die Vorsitzende des Kunstvereins, und den Beisitzer Günter Wagner zum persönlichen Gespräch in der alten Schlosserei des Marienhospitals.
„Wir wollen unseren Mitgliedern und allen Kunstinteressierten ein vielfältiges Programm bieten”, sagt Gaby Zimmermann. Das dürfte auch in diesem Jahr wieder gelingen. Exkursionen wird es geben, viele Ausstellungen, eine Buchvorstellung, ein Workshop. Der Vorstand des Brühler Kunstvereins, der aktuell knapp 100 Mitglieder zählt und zu den renommiertesten des Rheinlandes gehört, hat gute Arbeit geleistet.
„Präsenz ist für uns wichtig”, weiß Günter Wagner. Die Räumlichkeiten des Kunstvereins sind schön, die „Lage ist idyllisch, aber auch ein bisschen versteckt”. Seit vielen Jahren hat der Verein seine Bleibe in der alten Schlosserei des Marienhospitals gefunden, zentral in der Brühler Innenstadt. „Unsere spannenden Projekte sollen wahrgenommen werden”, hofft die Vorsitzende auf zahlreiche Besucher und eine Würdigung der ehrenamtlichen Arbeit des Vorstands. Dafür hat sich der Vorstand in Brühl gut vernetzt, in Gesprächen mit dem Kulturamt der Stadt Brühl findet ein reger Austausch statt. Die Kommunikation empfinden Gaby Zimmermann und Günter Wagner als gut.
Seit acht Jahren engagiert sich Gaby Zimmermann im Vorstand des Brühler Kunstvereins. Erst war sie Schatzmeisterin, seit vier Jahren ist sie die Vorsitzende. „Ich mag gerne mit Menschen sprechen und mit ihnen etwas planen und organisieren”, sagt sie. „Wir wollen im Kunstverein vielfältige Projekte präsentieren und neugierig auf Kunst machen.” Die Hausfrau und zweifache Mutter ist selbst keine Künstlerin, hat aber erfolgreich Kunst fürs Lehramt der Sekundarstufe I studiert.
„Man darf auch gerne im Kunstverein mitarbeiten und uns unterstützen”, erzählt Günter Wagner. „Die Stimmung im Verein ist super, die Mitglieder sind zufrieden. Die Leute kommen gerne zu uns.” Das sah noch vor ein paar Jahren etwas anders aus, als es im Vorstand nicht immer so harmonisch ablief wie im Moment. Günter Wagner ist seit rund 20 Jahren Mitglied im Kunstverein und schon seit etlichen Jahren auch im Vorstand tätig. „Mir liegt die Kunst in Brühl am Herzen”, meint der 58-Jährige, der auch in der IG Brühler Künstler federführend aktiv ist und das Online-Portal „Einfach Blau” betreut, das über die regionale Kunstszene informiert. Er hat selbst schon häufig eigene Werke aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Videos und Objektkunst gezeigt.
Die erste große Ausstellung im Jahr 2017 läuft noch bis zum 8. April in der alten Schlosserei in der Clemens-August-Straße 24. Der Kunstverein präsentiert dabei den Kölner Künstler Andreas My, der seiner Rauminstallation den Titel „Feld” gegeben hat. Im Flyer wird die Ausstellung wie folgt vorgestellt: „Die Idee einer archaischen Landschaft, die Frage nach physischer Existenz in einer digitalen Welt, die Suche nach den Grenzen des Materiellen und Immateriellen führt den Kölner Andreas My in einer großen Rauminstallation zusammen. Wie Erdplatten, die durch imaginäre Kräfte im Erdinneren verschwinden und verformt, gequetscht, verändert oder in Wucherungen wieder auftauchen, sollen die Elemente seiner Arbeit – Mauern und Flächen aus geklebter und gebauter Wellpappe – archaische Landschaften bilden. Stabilität und Fragilität von Materialien spielen dabei eine große Rolle. Auch wenn es Andreas My in seinen Kunstwerken um das Herauslösen der verwendeten Materialien aus ihren Funktionszusammenhängen geht, soll doch eine Erinnerung an den ursprünglichen Gebrauch bestehen bleiben. Der Künstler beschäftigt sich in seinen Objekten mit Bewegung und Wachstum, mit der Ausdehnung im Raum, mit Farbe und Form. Die Installation wird ergänzt durch Gespinste und Nester aus Garn, Zeichnungen und Objekte, die thematisch eng mit den archaischen Bauten verknüpft sind.”
Bewerbungsfrist endet im Mai
Um eine Ausstellung wie diese zeigen zu können, müssen sich die Künstler beim Brühler Kunstverein bewerben. Für das Jahr 2018 endet die Frist im Mai. Eine achtköpfige Jury sichtet dann die eingegangen Unterlagen und entscheidet dann nach eingehender Prüfung. Der Jury gehören die Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende des Kunstvereins, ein auf zwei Jahre vom Vorstand berufenes „Künstlermitglied” sowie Dr. Wilfried Dörstel (Kunsthistoriker), Dr. Christiane Fricke (freie Kunstkritikerin und Autorin), Sabine Elsa Müller (M.A. Kunstkritikerin), Dr. Jürgen Pech (Max-Ernst-Museum, Brühl) und Dr. Johannes Stahl (Kunstwissenschaftler und Kunstkritiker) an.
Im Durchschnitt werden vier Ausstellungen pro Jahr gezeigt, in diesem Jahr vor allem Künstler aus dem Rheinland. „Die Künstler sind froh, wenn sie bei uns ausstellen können”, weiß Gaby Zimmermann. Bewerbungen gehen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland ein. Auch den Künstlern aus den eigenen Reihen bietet der Kunstverein einmal im Jahr – traditionell im Sommer – die Möglichkeit im Rahmen der Ausstellung „Interim” die eigenen Werke zu zeigen. Die 17. Auflage findet in diesem Jahr vom 23. Juni bis 9. Juli statt, ausstellen werden Anna Berghoff-Gryschek, Felicitas Redmer und Karola Meck-Thoben. Die Öffnungszeiten der Ausstellungen sind von Mittwoch bis Sonntag von 15 bis 17 Uhr.
Vorher stehen noch einige andere Highlights auf dem Programm. Am Freitag, den 31. März um 19 Uhr, gibt es eine musikalisch umrahmte Buchvorstellung. Der Herausgeber Professor Kurt Roessler (Kometenforscher, Schriftsteller im PEN Club) aus Bornheim-Hemmerich wird mit Bildern in das Buch „Unser Vorgebirge” einführen. Dabei wird er besonders über die Definition des „Vorgebirges“ sprechen, die Beiersprüche als Bauernlyrik, das Brauchtum der Ortschaften in den Bildern der Nina G. Pretzell, die Dichterfrauen des Vorgebirges, sowie über die Kontroverse zum preisgekrönten Film Durchfahrtsland (2005) und der neuen WDR Serie Cowboy im Durchfahrtsland (2016). Einige der im Buch vertretenen Autoren werden ihre Beiträge in Kurzlesungen persönlich vorstellen.
Kooperation mit ZOOM Kino
Im April wird es wieder eine Kooperation des Kunstvereins mit dem Brühler ZOOM Kino geben. Dann wird eine Reihe mit fünf aktuellen Künstlerfilmen gezeigt, zu denen der Kunstverein eine kleine Einführung beisteuert. Vom 5. bis 27. Mai gibt es zudem eine Ausstellung von Petra Weifenbach. „Ihre künstlerische Setzungen sind Augenöffner und Herzensbrecher. Die Kölnerin sensibilisiert die Betrachter für ein genaues Hinsehen und Hinterfragen des Gesehenen. In ihren Objekten drängen sich die Fragen nach Sein und Schein, nach Original und Duplikat auf. Ihre Werke sind nicht in Stein oder Bronze erstellt, sondern leichte, fragile und nicht auf die Ewigkeit des Materials abzielende Äußerungen, die im Moment dafür umso präsenter sind”, beschreibt Dr. Petra Oelschlägel die Ausstellung. Das genaue Programm mit weiteren Terminen und Informationen findet sich auch auf der Homepage des Kunstvereins unter http://www.bruehler-kunstverein.de.
Für die Zukunft sieht sich der Brühler Kunstverein gut aufgestellt. Die inhaltlich bewährten Programmpunkte werden beibehalten, an neuen Schwerpunkten wird gearbeitet. So wird überlegt, wie Nachwuchskünstler gezielt gefördert und ermutigt werden könnten. „Vielleicht machen wir mal eine Ausschreibung für junge Künstler bis 27 Jahren aus der Region”, umreißt Günter Wagner erste Planungen. „Es wäre wünschenswert, wenn wir die freie Szene noch besser erreichen könnten.”
Tobias Gonscherowski