Wie gut ist Brühl auf eine etwaige Flüchtlingswelle aus der Ukraine vorbereitet? Andreas Zimmermann (Fachbereichsleiter Soziales) und Daniela Kilian (Stabsstelle Integration), von der Brühler Stadtverwaltung geben Antworten.
BBB: Wie bereitet sich die Stadt Brühl auf die mögliche Ankunft von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine vor?
Zimmermann: Derzeit wird die Turnhalle des Max-Ernst-Gymnasiums hergerichtet, um den geflüchteten Menschen eine Unterkunft zu bieten. Sämtliche weitere Möglichkeiten werden überprüft. Die Menschen werden derzeit auch in den bestehenden Unterkünften für Geflüchtete aufgenommen. Private Angebote werden überprüft, auch weitere städtische Objekte
Kilian: Außerdem wurden eine Hotline und ein E-Mail-Postfach eingerichtet, an die sich schutzsuchende Personen aus der Ukraine in Brühl wenden können, um alle relevanten Informationen zum Prozedere der Anmeldung, zu leistungsrechtlichen Fragen inklusive der Krankenhilfe, der möglichen Schulpflicht und weiterer Betreuungsangebote sowie Unterstützungsangebote allgemein zu erhalten: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder Hotline 02232/79-7171.
BBB: Wie viele Flüchtlinge können sofort versorgt werden?
Zimmermann: Die Turnhalle des Max-Ernst-Gymnasiums wird so hergerichtet, dass dort rund 60 Menschen untergebracht werden können, mit der Möglichkeit zu Erweiterung. Die Zahl ist auch davon abhängig, wie sich die persönliche und familiäre Situation der Kriegsvertriebenen darstellt. Im Moment (Stand 21.3.) befinden sich rund 200 geflüchtete Menschen in Brühl. Wie viele Flüchtlinge kommen, ist aktuell nicht abschätzbar.
BBB: Gibt es Möglichkeiten der Kinderbetreuung, des Schulbesuchs und Sprachkurse?
Kilian: Mit der Anmeldung unterliegen Kinder und Jugendliche der Schulpflicht. Einige besuchen bereits Brühler Schulen. Aufgrund der Mitteilung der Landesregierung werden zusätzlich voraussichtlich sogenannte Willkommensklassen eingerichtet, um den SchülerInnen eine schnellstmögliche Integration in den Regelunterricht zu ermöglichen.
Darüber hinaus wird ebenfalls die Ausweitung der „Brückenprojekte“ geprüft, um Kindern, die keine institutionelle Kinderbetreuung in Anspruch nehmen können, die Möglichkeit zur Nutzung anderweitiger Angebote zu bieten.
Derzeit werden Angebote zur Orientierung und zum Spracherwerb als Vorbereitung zu weiteren Angeboten erarbeitet, die in Kürze starten werden. Die Stabsstelle Integration steht in engem Kontakt mit weiteren Bildungsträgern, um ein bedarfsgerechtes Angebot zu ermöglichen.
BBB: An wen können sich hilfsbereite Brühlerinnen und Brühler mit Hilfsangeboten wenden?
Kilian: Hilfsbereite Brühlerinnen und Brühler können unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder telefonisch unter 02232/79-7171, Kontakt mit der Stabstelle Integration Brühl aufnehmen. Der Bedarf an dem, was benötigt wird, muss zunächst ermittelt werden. Angebote oder Nachfragen in Bezug auf Angebote von Wohnraum, Sachspenden oder Unterstützung im sprachlichen Bereich können an die oben genannten Kontaktadressen kommuniziert werden. Entsprechend der sich ergebenden Bedarfe werden entsprechende Angebote abgefragt werden.
Über die kontinuierliche Aktualisierung der Seite „Ukrainehilfe“ auf der Homepage der Stadt Brühl werden ebenfalls Informationen weitergegeben, sofern entsprechende Bedarfe auftreten bzw. konkret benannt werden. Auf alle Fälle ist Bürgermeister Dieter Freytag von der großen Unterstützung aus der Bevölkerung schon jetzt begeistert und bedankt sich für das große Engagement. Auch Brühler Vereine haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, Angebote zu initiieren bzw. Menschen aus der Ukraine unbürokratisch die Teilnahme zu ermöglichen.
BBB: Inwieweit profitieren die zuständigen Stellen von den Erfahrungen früherer Flüchtlingswellen?
Zimmermann: Die Erfahrungswerte der Jahre 2015/16 fließen erheblich in die aktuellen Planungen ein. Damals wurden die Flüchtlinge in Sporthallen, Containersiedlungen, angemieteten Häusern sowie Wohnungen und anderen städtischen Unterkünften untergebracht, wo viele immer noch leben. Wie auch schon 2015/ 2016 wurden und werden weiterhin z. B. Betten, Matratzen, Möbel, Küchen, Kühlschränke, Waschmaschinen und Ausstattung wie Töpfe, Besteck, etc. beschafft, um die Unterkünfte einzurichten. Die Kapazitäten werden aktuell geprüft.
Allerdings sind derzeit aktuell die meisten der in Brühl lebenden Personen, die aus der Ukraine eingereist sind, bei Familienangehörigen und Freunden untergebracht. Aufgrunddessen sind die Bedarfe in Bezug auf das ehrenamtliche Engagement dieses Personenkreises (noch) sehr überschaubar, da diese über Familienangehörige betreut und begleitet werden. Dass sich diese Situation perspektivisch durch erwartete Zuweisungen des Landes NRW noch ändern wird, ist wahrscheinlich.
Ukraine-Benefizveranstaltungen
(tg) Der Ukraine-Krieg hat auch in Brühl bereits eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Es gab schon einige Benefizveranstaltungen, weitere kommen dazu. Zu den Initiatoren gehören auch häufig gut vernetzte Privatpersonen. Zu ihnen gehört der Brühler Sascha Lehner, der Mitinitiator und Chefentwickler der Hiero Brühl App. Seit 18 Jahren ist er mit einer Ukrainierin verheiratet und hat daher auch enge familiäre Beziehungen zu dem Land, das er schon „mindestens 100 Mal besucht hat”.
Sascha Lehner ist ein intimer Kenner der Ukraine, hat gute Kontakte und weiß, welche Institutionen und Inititativen finanzielle Unterstützung benötigen. Der 49-Jährige plant oder empfiehlt zusammen mit weiteren aktiven Helfern aktuell einige Benefizveranstaltungen in Brühl. Dazu gehört das Benefizkonzert „Kultur für dem Frieden“ am 8. April um 20 Uhr in der Galerie am Schloss. Yevgeny Sapozhnikov, Artem Kanke und Guri Chitiashvli spielen Claude Debussy und Schostakowitsch zugunsten der ukrainischen Organisation „Women’s perspective“.
Im April ist auch ein Infoabend von Sascha Lehner und seiner Frau Iryna in der Stadtbücherei unter dem Titel „Ukraine in Wort und Tat” geplant, bei dem die beiden im Dialog u.a. ukrainische Literatur vorstellen. Spenden werden erbeten. Sascha Lehner ist eng in Kontakt mit Verantwortlichen der B-Jugendmannschaft von Dynamo Kiew, die sich derzeit in der Sportschule Hennef aufhält. Ein Benefizspiel mit einer Brühler Auswahl soll schon bald gespielt werden.
Weiterhin in Planung sind u.a. ein Mitsing-Konzert, ein Ukraine-Fest und eine Kooperation mit dem Lions Club, um geflüchteten Kindern und Jugendlichen die aktive Teilnahme in Sportvereinen oder anderen Institutionen zu ermöglichen. Sobald die genauen Termine feststehen, werden sie in der Hiero Brühl App und anderen Medien veröffentlicht. Es empfiehlt sich, die App aus dem App Store herunterzuladen.