„Beeindruckend, kommunikativ und energiegeladen“
(tg) Vor sieben Jahren wagten Matthias Petzold und Andi Reisner, beide Dozenten an der Kunst- und Musikschule der Stadt Brühl, kurz KuMS, ein spannendes Experiment: 24 Stunden nonstop wurde an der KuMS Blues gespielt. Die Idee und deren Umsetzung begeisterte Musiker wie Besucher gleichermaßen. Umso erstaunlicher ist es, dass es sieben Jahre dauerte, bis es jetzt am 10./11. Mai zu einer Neuauflage kommt.
„Wir wollten den 24 Stunden Blues auf alle Fälle wiederholen“, sagt Matthias Petzold. „Aber uns schwebte kein jährlich stattfindendes Event vor. Wir dachten eher an alle fünf Jahre.“ Diesem Plan machte dann allerdings Corona einen Strich durch die Rechnung. Jetzt aber ist es so weit. Die Planungen laufen bereits auf Hochtouren.
Unter dem Motto „Big Relief 2025“ erklingt wieder 24 Stunden lang der Blues, die Musik, die wie keine andere Trauer und Lebenskraft, Schönheit und Brüchigkeit, Leidenschaft und Geduld verkörpert. „Das ganze Leben in 12 Takten!“, schwärmt Andi Reisner.
Los geht‘s am Tag der offenen Tür, den die KuMS am 10. Mai veranstaltet. Um 17 Uhr startet der 24 Stunden Blues in Raum 108. „An diesem Ereignis kann jeder teilnehmen, ob Schüler, Amateurmusiker oder Profi. Jeder Beitrag ist erwünscht, jede Form von individuellem Stil trägt zum Gelingen bei“, freut sich Matthias Petzold auf einen bunten Mix an Musikern. Nähere Informationen zur Anmeldung und Durchführung gibt es auf der Internetseite petzold-jazz.de/bigrelief2025/bigrelief2025.html.
Die Zeitfenster kann man sich auf der Homepage unter dem Link „Besetzungstabelle“ sichern. Es gibt 32 Slots à 45 Minuten. „Nach unseren Erfahrungen von vor sieben Jahren können wir ein beeindruckendes, kommunikatives, entspanntes und energiegeladenes Ereignis versprechen“, sagt Andi Reisner. Acht Ensembles haben sich bereits angemeldet. Vor sieben Jahren spielten rund 100 Musiker, 500 Besucher kamen über den Tag verteilt in die KuMS.
Viele von den damaligen Teilnehmern hätten gerne schon früher die Fortsetzung von Big Relief erlebt. „Aber wir hatten ja in der Zwischenzeit auch die Jazz Jam Sessions in der Kornkammer, so dass es Alternativen gab“, erklärt Matthias Petzold.
2018 wussten die Musiker noch nicht so genau, was sie bei den 24 Stunden Blues erwartet. „Nach zehn Minuten habe ich gedacht, das hältst du nicht viel länger aus“, erinnert sich Andi Reisner. „Aber dann trat ein seltsamer Effekt auf. Es ging einfach immer weiter und leichter von der Hand.“ Viele Bands blieben deutlich länger als geplant. Das Konzept funktionierte.
Blues ist multikulturell
Der Blues ist ebenso einfach wie komplex. Die Bandbreite an Möglichkeiten ist nahezu unbegrenzt. Das Tempo ist variabel. „Der Blues kann aus schlichten Riffs oder aus virtuosen Improvisationen bestehen. Jeder Beitrag ist erwünscht, jede Form von individuellem Stil trägt zum Gelingen bei”, sagt Matthias Petzold. Der multikulturelle Aspekt ist wichtig.
Einst half der Blues dabei mit, die Rassentrennung in den USA zu überwinden und die Bürgerrechte durchzusetzen. Inzwischen vereint er auch afrikanische Einflüsse ebenso wie europäische. „Das ist ja das Interessante“, findet Matthias Petzold. „Alles ist drin im Blues. Das macht den Blues einzigartig, kommunikativ und grenzüberschreitend.
Unterschiedliche Musikrichtungen können im Blues miteinander verwoben sein, ein Umstand, der in Deutschland leider oft mit Misstrauen beobachtet wird. „Ich bedaure, dass in Deutschland oft zwischen ernster Musik und Unterhaltungsmusik unterschieden wird. Mit diesem Umstand hadere ich etwas. Musiker sollten beides können, gerne auch vermischt. Es ist doch wunderbar, wenn ein Jazzer auch Bach spielen und interpretieren kann“, sagt Andi Reisner.
Matthias Petzold und Andi Reisner kennen sich seit bald 40 Jahren. So lange unterrichtete Andi Reisner bis 2024 an der KuMS. Er spielt Gitarre und Bass und hat auch an der Musikproduktion ganz vieler Fernseh- und Kinofilme mitgewirkt.
„Sound-Junkie Andi Reisner“
„Ich arbeite daran in immer wieder unterschiedlichen Rollen: als Gitarrist mit E-Gitarre, Konzert-Gitarre oder als E-Bassist“, erklärt der 64-Jährige. Außerdem stellt er seine Expertise beim Mix, Recording und Mastering zur Verfügung. Er besitzt ein eigenes Tonstudio. Freunde bezeichnen ihn auch anerkennend als „Sound-Junkie”.
Matthias Petzold ist vier Jahre jünger und seit 38 Jahren Dozent an der KuMs, an der er Saxophon im Einzel- und Gruppenunterricht lehrt, Bands und Combos wie die Blechlawine oder die Jazz Aliens betreut und auch für Jekits-Projekte an Grundschulen zuständig ist. Als Musiker ist er ebenfalls sehr vielseitig. Er komponiert, hat eigene CDs herausgebracht und in verschiedenen Bands gespielt.
Zur Vorbereitung zum „Big Relief 2025“ gibt es noch am 26.4. und 3.5. einen Workshop mit Matthias Petzold und Andi Reisner von jeweils 15 bis 17 Uhr. Ergänzend zum Event findet übrigens auch ein von Sylvianna Scholtyssek betreutes Kunstprojekt statt. Während die Musiker spielen, wird auf Leinwänden gemalt. Auch hier kann jeder mitmachen, der möchte. Die gesamte Veranstaltung ist kostenlos, Spenden sind natürlich jederzeit sehr willkommen.