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Gas, Wasser und Strom. In dieser Reihenfolge erschloss die Stadt Brühl für ihre Bürger die unentbehrlichen Grundlagen der modernen Zivilisation: Energie und Lebenselement. 1868 begann mit dem Bau einer Leuchtgasfabrik die Sicherstellung der Gasversorgung (wir berichteten darüber in der Juli-Ausgabe). 1894 wurde in Berzdorf das erste Wasserwerk in Betrieb genommen. Und 1907 floss schließlich erstmals elektrischer Strom durch die Leitungen. In dieser Ausgabe erfahren Sie, welche Herausforderungen die Stadt Brühl meistern musste, um am Ende des 19. Jahrhunderts ein eigenes Wasserwerk Wirklichkeit werden zu lassen und was sich daraus entwickelte.
Während sich der Gemeinderat damals leicht tat, den Bau einer Gasbeleuchtungsanlage zu beschließen, war die Anlage eines Wasserwerks eine bemerkenswert schwere Geburt. Errichtung und Betrieb einer Pumpstation mit Hochbehälter seien viel zu teuer. Das Wasser musste am Ende des 19. Jahrhunderts noch sehr mühsam von den Bürgern aus den in allen Stadtteilen vorhandenen Brunnen gepumpt werden. Erst dem Düsseldorfer Ingenieur Ehlert gelang es 1893 bei Probebohrungen in der Berzdorfer Gemeindekiesgrube, gutes und reichliches Wasser zu finden.
Daraufhin beschloss der Gemeinderat, das 183.947 Mark teure Wasserwerk an gleicher Stelle zu errichten. Es wurde 1894 in Betrieb genommen und befindet sich noch heute dort. Dazu kam ein gleichzeitig gebauter, 32,50 Meter hoher Wasserturm, in dem ein Hochbehälter installiert wurde, der 350 m3 fasste. Er kostete die Stadt weitere 21.237 Mark. Bei den Einweihungsfeierlichkeiten am 24. Juli 1894 kam es zu einem tragischen Unglücksfall. Als der Brühler Dachdeckermeister Heinrich Lierz auf der Spitze des Wasserturms in Berzdorf die Wetterfahne anbringen wollte, verlor er das Gleichgewicht. Er versuchte noch, sich an seinem Gesellen Rudolf Prikartz festzuhalten, der daraufhin jedoch ebenfalls den Halt verlor. Beide stürzten in die Tiefe und waren auf der Stelle tot.
Prognosen wurden schnell übertroffen
Bei der ersten Kalkulation für die Rentabilität eines Wasserwerks waren die Verantwortlichen von 250 Anschlüssen ausgegangen. Noch vor Inbetriebnahme des Werks lagen über 600 Anmeldungen vor. Das Rohrnetz erreichte eine Länge von 12,5 Kilometern. Sämtliche prognostizierten Zahlen wurden innerhalb kürzester Zeit übertroffen, schon nach zwei Jahren war der Verbrauch der Einwohner pro Tag und Kopf höher als er für das 25. Betriebsjahr vorgesehen war.
Hinzu kam, dass zahlreiche umliegende Gemeinden auch vom Brühler Wasserwerk beliefert werden konnten, was dessen Lukrativität weiter erhöhte. Ab 1896 wurden auch die Ortschaften Heide, Kierberg, Pingsdorf und Badorf an das Rohrnetz angeschlossen. Die Erweiterung der Rohrnetze gestaltete sich dabei teilweise sehr schwierig, vor allem der Anschluss von Liblar über eine Verbindungsleitung, die quer durch unwegsames Waldgebiet führte. Die wenigen Arbeiter mussten das nötige Material teilweise mit Fahrrädern und auf Handkarren in das Waldgelände transportieren. Nur bei schweren Rohren half der Brühler Fuhrunternehmer Krämer mit einem Pferdekarren aus.
Das Wasserwerk rechnete sich längst und expandierte. Zwischen 1904 und 1907 wurden weitere Grundstücke erworben. Zwei zusätzliche Brunnen mit einer Tiefe von rund 20 Metern wurden gebaut. Drei Brunnen deckten den Wasserbedarf nun ab. 1919 wurde das Wasser mit Hilfe von elektrisch betriebenen Kreiselpumpen gefördert. Das Versorgungsgebiet des Brühler Wasserwerks war in zwei Druckzonen aufgeteilt, das Hochdrucknetz und das Niederdrucknetz. In den folgenden Jahren wurde das Rohrnetz bis 1936 auf 90 km ausgebaut. Etwa 40.000 Menschen wurden mit Wasser versorgt. Weitere Bauten und Modernisierungen wurden notwendig. So wurde 1936 z.B. auch der 1893 erbaute Wasserturm "Maria Glück" um 15 Meter erhöht.
Der Wasserturm "Maria Glück" blieb noch 15 Jahre im Betrieb, bis er dem Braunkohletagebau weichen musste und 1952 gesprengt wurde. Doch für Ersatz war längst gesorgt. In nur gut einem Jahr entstand nach Plänen des Architekten Wolfgang Beyer der imposante und weithin sichtbare Wasserturm an der Liblarer Straße, der am 20. November 1951 in Betrieb genommen werden konnte. Im Turm befinden sich neben einem Behälter, der 1.500 m3 fasst, auch 14 Wohnungen.
Ende der fünfziger Jahre nahmen die Überlegungen, ein neues Wasserwerk zu errichten, konkrete Formen an. Die alte Betriebseinrichtungen wurde 1961 demontiert, das alte Gebäude abgerissen. Das neue Werk war 1963 fertiggestellt und verfügte über drei Brunnen mit einer Tiefe von ca. 80 Metern sowie eine Wasseraufbereitungsanlage, die dem Wasser Eisen und Kohlensäure entzog. In der zweijährigen Bauzeit wurde übrigens in einer Baracke ein Provisorium errichtet, das Tag und Nacht von Hand gefahren werden musste. Der damalige Wasserwerkmeister Otto Zipperer und seine Maschinisten mussten häufiger improvisieren, was den Kunden glücklicherweise verborgen blieb.
Mehr über die Geschichte der Brühler Wasserversorgung und die aktuellen Fakten erfahren Sie in der nächsten Ausgabe des Brühler Bilderbogen.