Jahrgang 2007
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Der Begriff „Dada” ist der Schwierigkeit synonym, ihn zu definieren. Hans Arp, einer der geistigen Urheber und Mitbegründer des Dadaismus, hat 1955 unter dem Titel „Dada-Sprüche” eine ganze Reihe von Begriffsbestimmungen und Erklärungen zusammengestellt. Das Spektrum reicht von kurzen, poetischen Umschreibungen wie „Dada ist eine Rose, die eine Rose im Knopfloch trägt” oder „Dada ist schön wie die Nacht, die einen jungen Tag in ihren Armen wiegt” bis zu längeren Ausführungen, die als Maxime seine abstrakten, biomorphen Werke begleiten und ihre Parallelität zu Leben und Natur verdeutlichen:

 

 

Handzettel, 6,7 x 11,5 cm, Köln, April 1920

Nachdem die Ausstellung „Dada-Vorfrühling” im Lichthof des Brauhauses Winter in der Schildergasse 37 polizeilich geschlossen worden war, warben die Kölner Dadaisten mit einem Plakat für die Wiedereröffnung. Zu diesem Anlass wurden dieser und ein weiterer Handzettel gedruckt (siehe die Oktober-Ausgabe); beide sind erst vor kurzem bekannt geworden.

 

„Dada ist der Urgrund aller Kunst. Dada ist für den ,Ohne-Sinn’ der Kunst, was nicht Unsinn bedeutet. Dada ist ohne Sinn wie die Natur. Dada ist für die Natur und gegen die Kunst. Dada ist unmittelbar wie die Natur und versucht jedem Ding seinen wesentlichen Platz zu geben. Dada ist moralisch wie die Natur. Dada ist für den unbegrenzten Sinn und die begrenzten Mittel. Das Leben ist für den Dadaisten der Sinn der Kunst. Die Kunst kann die Mittel missverstehen und statt begrenzter Mittel unendliche Mittel anwenden. Dann wird nur Leben, nur Natur vorgetäuscht, statt Leben erschaffen. Die akademische Malerei beschreibt, gibt Illusionen statt Leben und Natur. Die akademische Malerei täuscht die Natur und das Leben vor.“

Eine solche Absage an die traditionelle Vorgehensweise der bildenden Kunst, aber auch Kritik an einen erstarrten Umgang mit Vorbildern und Idealen drückt eine weitere Charakterisierung aus: „Der Dadaismus hat die schönen Künste überfallen. Er hat die Kunst für einen magischen Stuhlgang erklärt, die Venus von Milo klistiert und ,Laokoon & Söhnen’ nach tausendjährigem Ringkampf mit der Klapperschlange ermöglicht, endlich auszutreten. Der Dadaismus hat das Bejahen und Verneinen bis zum Nonsens geführt. Um Überheblichkeit und Anmaßung zu vernichten, war er destruktiv.“

 

Unterschwellige Selbstironie

Wortspielerisch ist eine weitere aphoristische Sentenz gehalten, die den Zufall, das Spontane als weitere Methoden der dadaistischen Befreiung anklingen lassen: „Dada hat Hände und Füße, die stets Dinge unternehmen, die weder Hand noch Fuß haben, hat Köpfe, die stets den Kopf verlieren, und Häuschen, die stets aus dem Häuschen geraten.“

Schließlich blendet Hans Arp in einem anderen seiner „Dada-Sprüche” unterschwellig Selbstironie ein, wenn er die allumfassende Ausrichtung zu Beginn des Textes im Verlauf und zum Schluss hin selbst bricht: „Dada ist Anfang und Ende, fängt mit dem Ende an, lässt alsdann den Anfang folgen und schließt nicht mit dem dicken Mittelteil. Darum sieht Dada so gesund aus, ist gerecht und vorurteilslos in der Anwendung von großen Sprüchen.“

Diese Sammlung stellt jedoch nur einen Ausschnitt aus den mannigfaltigen Dada-Definitionen dar, denn „Dada ist mehr als Dada“ (Raoul Hausmann, 1921), „DaDaeindadaaus“ (Max Ernst, 1920) oder „Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ (Francis Picabia, 1922).

Dr. Jürgen Pech

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