Jahrgang 2008
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„Die Menschen hatten niemanden, der sie aufgefangen hat”

Für viele Menschen ist die Adventszeit die schönste Zeit des Jahres. Sie machen es sich in ihren eigenen vier Wänden gemütlich und freuen sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest. Es wird gebacken und gebastelt, geschmückt und geschenkt und für das Festmahl eingekauft. Doch manchen Menschen geht es nicht so gut. Sie haben keine Familie, kaum Freunde, wenig zu essen und einige von ihnen noch nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Um diese bedürftigen Menschen kümmert sich in Brühl auch der Arbeitskreis „Soziales“ des Pfarrgemeinderats der katholischen Pfarrgemeinde St. Margareta und Maria von den Engeln.

Vor zwölf Jahren wurde der „Treffpunkt für Menschen ohne Wohnung“ gegründet, der sich heute in der Wallstraße 96 befindet und von der Leiterin Petra Kreutz, von Harald Pütz und vielen ehrenamtlichen Helfern betreut wird. Wir haben uns mit ihnen zum persönlichen Gespräch getroffen.

Es herrscht ein reges Treiben an diesem nasskalten Novembermorgen im Treffpunkt, als wir die Leiterin Petra Kreutz und Harald Pütz, Mitglied des Arbeitskreises Soziales, zum Gespräch bitten. Die beiden Gasträume sind behaglich geheizt und gut besucht. Kaffee dampft aus den Bechern, Streuselkuchen, Croissants und belegte Brötchen gibt es. „Ein kräftiges Frühstück mit heißen Getränken eben“, sagt Petra Kreutz. In der engen Küche wuseln eifrige Helfer vor sich hin und bereiten den Nachschub vor.

Viermal wöchentlich (Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag) vormittags von 9.30 bis 12 Uhr hat der Treffpunkt seine Pforten geöffnet. „Mitten im Zentrum von Brühl finden Menschen in Notsituationen einen wohnlichen Raum vor, in dem sie als Besucher willkommen sind und für ein paar Stunden zwanglos zusammensitzen und sich eventuell aufwärmen können“, erklärt Petra Kreutz. „Sie können hier ihren Hunger und Durst stillen und sich in Ruhe unterhalten, einen Zuhörer finden und Kontakte knüpfen.“

Wohnliche Atmosphäre

Seit vier Jahren arbeitet die Leiterin im Treffpunkt. Die gebürtige Brühlerin kann sich ein bisschen in ihre Lage hineinversetzen, da sie selbst vor einigen Jahren eine Lebenskrise durchlief, diese aber meistern konnte. „Ich war Mitte vierzig und hatte schwere Depressionen. Ich habe sehr zurückgezogen gelebt und mich gefragt, wie es weitergehen soll und was ich machen könnte“, gesteht Petra Kreutz ganz offen. „Dann habe ich in der Zeitung einen Bericht über den Treffpunkt gelesen und erfahren, das Helfer gesucht werden. Ich bin dann hingegangen und habe gemerkt, dass die Arbeit etwas für mich ist und mir Spaß macht. Ich habe eine Aufgabe und Anerkennung bekommen. Ich habe Glück gehabt und eine verständnisvolle Familie.“

Aber nicht jeder hat dieses Glück in schwierigen Zeiten. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben alle ihre Lebensgeschichte. Es sind Menschen wie Du und Ich. Sie zeigen auf ihre Art ihre Dankbarkeit“, berichtet die 51-jährige gelernte Bürokauffrau. „Sie sind dann froh, wenn ich ihnen kleinere Aufträge gebe, sie etwas einkaufen können oder mal den Hof fegen.“ Viel mehr sollen und können sie auch nicht machen, weil sie körperlich nicht dazu in der Lage sind. Jahrelange Alkohol- oder Drogenabhängigkeit haben dazu geführt.

 

In den Treffpunkt kommen neben drei oder vier Frauen überwiegend Männer. Sie sind meist deutlich über 30 Jahre alt und durch Scheidungen oder Arbeitslosigkeit in ihre missliche Lage geraten. „Sie hatten niemanden, der sie aufgefangen hat“, sagt Petra Kreutz. Im Treffpunkt soll ihnen eine wohnliche Atmosphäre geboten werden. Rauchen, Trinken und Drogen sind streng verboten.

Kleine Weihnachtsfeier geplant

„Ich bin ein mitfühlender Mensch, aber man muss auch eine Schranke ziehen zwischen sich und den Schicksalen der Menschen, die zu uns kommen“, weiß Petra Kreutz. „Man darf das rein aus Selbstschutz nicht alles mit nach Hause nehmen. Abgesehen davon kommt man auch gar nicht so leicht ins Gespräch. Viele Menschen sind sehr verschlossen.“ Die meisten Besucher kennt sie. Die Anzahl bleibt relativ konstant. Einige wenige kommen dazu, jedes Jahr sterben einige. „Man muss langsam ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen, dann öffnen sie sich. Es braucht Zeit“, weiß Petra Kreutz. Oder besondere Anlässe wie das bevorstehende Weihnachtsfest.

Schon jetzt laufen die Vorbereitungen auf Weihnachten. „Am 19. und 20. Dezember sind wir mit einem Stand auf dem Brühler Weihnachtsmarkt vertreten“, berichtet Harald Pütz. „Wir wollen den Treffpunkt bei der Brühler Bevölkerung vorstellen und präsent sein. Und wir wollen natürlich Spenden sammeln.“ Vier Hauptsponsoren unterstützen die karikative Einrichtung schon jetzt vorbildlich: REWE, die Metzgerei Harf, die Bäckerei Jautz und die Back Factory. „Wir freuen uns sehr über ihre Lebensmittelspenden, die wir stets sofort verwerten.“

 

Harald Pütz engagiert sich seit vielen Jahren im Pfarrgemeinderat im Sozialausschuss mit. „Ich habe das Augenmerk auf die sozialen Aufgaben, die mir sehr wichtig sind und in die ich viel Herzblut investiere“, sagt der 54-jährige kaufmännische Angestellte, der seit 1981 mit seiner Familie in Brühl lebt.

 

Am 23. Dezember veranstaltet der Treffpunkt eine kleine Weihnachtsfeier für die monatlich rund 30 regelmäßig kommenden Bedürftigen. „Wir werden etwas länger geöffnet haben. Es wird ein besseres Essen geben, eine Art Brunch. Wir werden etwas dekorieren und kleine Geschenke verteilen vor allem an Mütter mit Kindern“, verrät Petra Kreutz. Für einen Weihnachtsbaum ist dagegen kein Platz, weil die Räume dann voll von Menschen sind. Auch zu anderen Anlässen wie Karneval oder Ostern lassen sich die Mitarbeiter des Treffpunkts immer wieder etwas Besonderes einfallen.

 

In der Pfarrgemeinde St. Margareta sind sie zu recht stolz auf ihre Einrichtung, in der übrigens auch gespendete Kleider und Schuhe an die mittellosen Menschen weitergegeben werden. „Für dieses Engagement bekam die Pfarrgemeinde schon 1998 den „Anton-Rosen-Preis für ehrenamtliche Einrichtungen“ der Diozöse Köln verliehen“, erzählt Harald Pütz. Vor allem ältere Gemeindemitglieder packen im Treffpunkt mit an. Hin und wieder kommen Praktikanten vom St. Ursula-Gymnasium. „Wir appellieren aber auch an jüngere Menschen, sich bei uns zu engagieren“, sagt Harald Pütz.

 

Im nächsten Jahr wird der Treffpunkt einen Tag der offenen Tür veranstalten und sich der Nachbarschaft und allen Brühlern präsentieren. Wer weitere Informationen erhalten will kann sich telefonisch an das Pfarrbüro (Telefon 02232/13175) wenden. Auch Spenden sind jederzeit willkommen. Kreissparkasse Köln, Spendenkontonummer 133036116, BLZ 37050299, Verwendungszweck „Treffpunkt, Wallstraße 96“. Auf Wunsch können selbstverständlich auch Spendenquittungen ausgestellt werden.

Tobias Gonscherowski

 

 

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