„Hunde haben eine positive Wirkung auf kranke Menschen”
(tg) Ob treue Begleiter, Tröster in der Not oder tapfere Beschützer: Hunde haben ganz verschiedene Charaktereigenschaften: Aber so unterschiedlich sie auch sind, sie bleiben die ersten und zuverlässigsten Freunde des Menschen. Und sie besitzen Fähigkeiten im Umgang mit Menschen, die zu ganz erstaunlichen Ergebnisse führen können.
Die „Brühler Strolche“ zum Beispiel sind Besuchshunde. Sie werden von vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bei ihren ungewöhnlichen Ausflügen begleitet, die sie in das Seniorenheim Johannesstift in Brühl-Vochem oder zu Brühler Schulen führen. „Wir bringen großen und kleinen, alten und jungen Menschen unsere Hunde nahe und verhelfen zum richtigen Umgang mit Tieren“, erklärt Petra Rattay, die Vorsitzende des Vereins (mehr Infos unter www.bruehler-strolche.de), die wir zusammen mit ihren Mitstreiterinnen Helga Nicodemus und Gerlinde Bay getroffen haben. Nicht zu vergessen die Vierbeiner: Bruno, den sieben Jahre alten Entlebucher Sennenhund, Maxi, den drei Jahre alten Mischling und Lämmy, den zehn Jahre alten Bobtail.
BBB: Wie kam es dazu, dass Sie Kontakt zum Seniorenheim aufgenommen haben?
Petra Rattay: Wir haben eine Announce gelesen, dass Werner Virnich, der Heimleiter des Seniorenheim Johannesstift, Besuchshunde sucht. Da haben wir uns im März 2007 gemeldet und dann unsere Hunde vorgestellt. Wir haben über alles gesprochen: Was wird von den Hunden erwartet? Welche Voraussetzungen müssen Mensch und Hund mitbringen? Seitdem sind wir einmal in der Woche ehrenamtlich mit bis zu sieben Hunden im Johannesstift. Bekannt ist ja, dass Hunde eine positive Wirkung auf kranke Menschen haben. Und wir wissen, dass unsere Hunde einen guten Charakter haben und die richtigen Eigenschaften mitbringen. Sie sehen ja, wie sich die Hunde verhalten. Es ist nicht normal, dass drei Hunde sich gegenseitig akzeptieren. Allerdings sind unsere Hunde keine Therapiehunde, sondern Besuchshunde. Alle haben ein tierärztliches Gesundheitszeugnis.
BBB: Wie sieht ihre Arbeit mit den Hunden im Seniorenheim konkret aus?
Petra Rattay: In der Gruppenbetreuung sitzen wir im Kreis, machen wir Suchspiele mit den Hunden, manchmal ist es aber auch ruhig, und wir machen nichts. Die Hunde gehen von Mensch zu Mensch und fordern ihre Streicheleinheiten. Auf Wunsch bieten wir auch eine Einzelbetreuung an, wenn Menschen z. B. bettlägrig sind. Kleine Hunde kann man dann aufs Bett setzen und den Menschen in den Arm legen. Die alten Leute genießen es, einen Hund zu streicheln. So kommt man dann auch ins Gespräch. Erinnerungen werden bei ihnen wachgerufen. Unsere Namen können sie sich nicht merken, aber die der Hunde schon. Bei unseren Besuchen schauen wir aber auch darauf, wie der Hund „drauf“ ist. Das hat die höchste Priorität. Wenn wir sehen, dass er nicht will, wird sofort abgebrochen. Für den Hund ist die Arbeit mit alten und kranken Menschen höchst anstrengend. Wir achten streng darauf, dass wir nicht länger als 45 Minuten arbeiten.
BBB: Welche Erfahrungen haben Sie selbst bei den Besuchen gemacht?
Helga Nicodemus: Es gab schon einige sehr schöne Erlebnisse. Einmal ist z. B. eine Frau nach einigen Wochen aus ihrer Lethargie erwacht und hat sich wieder mitgeteilt. Es gab aber auch traurige Ereignisse. Manche Leute sind inzwischen verstorben. Damit müssen wir dann auch umgehen. Das ist auch teilweise belastend. Man sollte das nicht unterschätzen.
BBB: Ihre Arbeit beschränkt sich aber nicht nur auf Seniorenheime?
Gerlinde Bay: Richtig, wir besuchen auch Kindergärten, Grundschulen und auch weiterführende Schulen bis zur sechsten Klasse, aber auch Handicap-Kinder. Wir bringen den Kindern den Hund näher. Viele Kinder können und dürfen keinen Hund halten. Sie dürfen ihn dann streicheln. Wir erklären ihnen die Bedürfnisse des Hundes und Verhaltensregeln im Umgang mit dem Tier.
BBB: Worauf haben Sie bei der Erziehung Ihres Hundes besonders geachtet?
Petra Rattay: Gut sozialisierte Hunde sind ein Vorbild für andere Hundehalter. Wir haben immer eine Kottüte dabei. Leider bringt uns eine Minderheit von Hundehaltern in Verruf. Auch bei Beißunfällen darf man nicht nur den Hund verurteilen, sondern muss auch den Halter in die Verantwortung nehmen, der in solchen Fällen mit dem Tier meistens falsch umgegangen ist. Ich sage immer scherzhaft: Mein Hund Bruno hat schon im Alter von zwölf Wochen die Hausordnung bekommen und wurde sofort in die Hundeschule geschickt. Man muss einen Hund ernst nehmen und darf ihm nicht alles erlauben. Es muss klar sein, dass der Mensch der Rudelsführer ist. Man muss einen Hund erziehen wie ein Kind. Und der Mensch muss lernen, die Körpersprache des Hundes zu deuten. Wichtig ist auch der Kontakt zu Artgenossen.