Das Bürgerbegehren „Rathausanbau Steinweg bleibt" wurde in der Brühler Ratssitzung vom 17. Oktober mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und auch SPD für „rechtlich unzulässig“ erklärt, obwohl alle Formalitäten erfüllt und die Unterschriften von mehr als 4.200 Bürgern der Brühler Stadtverwaltung vorgelegt wurden.
Somit wurde vorerst auch ein zukünftiger Bürgerentscheid blockiert, mit dem die Brühler Bürger zu einem konkreten Wahltermin die Gelegenheit bekommen hätten, gegen den Abriss und gegen einen Rathausneubau zu stimmen.
Als Begründung für diese „rechtliche Unzulässigkeit“ dienten zwei juristische Stellungnahmen, die die Stadtverwaltung selbst und erst dann in Auftrag geben hatte, nachdem sie im Dialog mit der Bürgerinitiative den Begründungstext für das Bürgerbegehren und die Unterschriftenliste abgesegnet hatte. Diese „Auftragsstellungnahmen“ wurden von einer renommierten Kölner Anwaltskanzlei und dem Städte- und Gemeindebund NRW verfasst und kamen beide zu dem Schluss, dass in der Begründung gegen einen Rathausabriss und einen Neubau, Zahlen wie Folgekosten nicht ausreichend in der Unterschriftenliste dokumentiert wurden. Gerade die Anwaltskanzlei zitierte in ihrer „Stellungnahme“ Urteile, die die Mehrheit des Rates überzeugten. Nebenbei erwähnt: Die Mitglieder des Rates hatten nur knappe fünf Tage (inklusive Wochenende) Zeit, diese hochkomplexen, juristischen Sachverhalte zu bewerten. Wie wichtig der Zeitfaktor für eine angemessene Beurteilung „rechtlich unzulässig“ war, wurde in den Tagen nach dem Ratsbeschluss, auch in der Presse, mehr als deutlich.
Zunächst einmal gab es seitens der Stadtverwaltung keinen juristisch zwingenden Grund für die Auftragsvergabe von „Stellungnahmen“. Es sei denn, man wollte den Bürgerentscheid absichtlich und kurzfristig verhindern, obwohl der Dialog mit der Initiative in der vorhergehenden Entstehung des Bürgerbegehrens intensiv von beiden Seiten geführt wurde. Schließlich muss eine Stadtverwaltung dem Bürger bei einem Bürgerbegehren helfen (§ 22, GO). Der Rat hätte auch ohne juristische „Stellungnahmen“ entscheiden können. Man kann weiterhin zu dem Schluss kommen, dass die Kanzlei-Stellungnahme vielleicht auch nur den Zweck eines „juristischen Auftragsfeuerwerkes“ erfüllt: Eines der zitierten Urteile ist bisher nicht rechtskräftig und das andere Urteil in seiner Aussage so abstrakt, das es fraglich ist, ob es auch auf den Brühler Sachverhalt zutrifft.
Waren alle Ratmitglieder in ihrer kurzfristigen Entscheidungsfindung nicht komplett überfordert? Wurde diese „Überforderung“ vielleicht nicht auch billigend in Kauf genommen? Die Fraktion der Grünen, BvB und der Linken, viele engagierte Brühler Bürger und auch die Lokalpresse zweifeln jetzt nicht nur an der „rechtlichen Unzulässigkeit“, sondern vor allem an dem Zustandekommen dieses von der Stadtverwaltung vermeintlich forcierten Ratsbeschlusses.
Was bleibt, ist ein großes politisches Misstrauen in der Bevölkerung, die nun von der Lokalpresse in „Salami-Taktik“ über die komplexen Sachverhalte informiert wird. Vieles wirkt dabei so widersprüchlich, dass Grüne und Linke bereits eine Kommunalaufsichtsbeschwerde gegen diesen Ratsbeschluss beim Landrat des Rhein-Erft-Kreises eingereicht haben.
Klage der Initiative gegen den Ratsbeschluss
Was der Bürgerinitiative nun bleibt, ist der Klageweg gegen den Ratsbeschluss beim Verwaltungsgericht. Auf eigene Kosten natürlich, denn im Gegensatz zu den aus Steuern finanzierten, juristischen „Auftragsstellungnahmen“ der Stadtverwaltung muss die Bürgerinitiative jetzt selbst eine Kanzlei „aus eigener Tasche” beauftragen, um zu ihrem Recht zu kommen. Jetzt kommt es demnächst tatsächlich zu „David gegen Goliath“ vor dem Verwaltungsgericht in Köln. Der Rückhalt in der Bevölkerung für ihre „Initiative-Mitbürger“ wächst dabei jedenfalls von Tag zu Tag. Darüber hinaus wird von politisch engagierten Brühler Bürgern in naher Zukunft der Verein „Forum für Bürgerrechte“ gegründet, der auch die Initiative „Rathausanbau Steinweg bleibt" mit Rat und Tat unterstützen wird.
Es ist fraglich, ob die Brühler Stadtverwaltung, der Stadtrat und auch Bürgermeister Michael Kreuzberg bis heute die Dynamik der politischen Ereignisse und den festen Willen der Bürger richtig einschätzen.
Alexander Gonscherowski