Jahrgang 2012
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„Wir machen kein Gefälligkeitstheater“

Jahr für Jahr zählen die Premieren der neuesten Produktionen des Kleinen Theater Brühls (kurz KTB) zu den Höhepunkten des kulturellen Veranstaltungskalenders in Brühl. Am Samstag, den 15. September ist es um 20 Uhr in der Galerie am Schloss wieder so weit. Dann steht William Shakespeares „Wintermärchen“ auf dem Spielplan der Brühler Theaterfreunde. Weitere Aufführungen gibt es am 16. September (19 Uhr), 22. September (20 Uhr) und 23. September (19 Uhr) an gleicher Stelle.
Ingo Rehling hatte die Idee. Es wäre doch wieder einmal an der Zeit, ein Shakespeare-Stück zu spielen, schlug das Ensemblemitglied in der Runde vor. Damit rannte er bei seinen Mitstreitern offene Türen ein, ganz besonders bei Andreas Schlenger. Der hatte schon bei einigen Produktionen des KTB Regie geführt und ist ein großer Freund und Kenner von Shakespeares Werk. 1997 hatte das KTB unter seiner Regie bereits ein Stück des großen Meisters, „Was Ihr wollt“, erfolgreich gespielt.
Die Wahl fiel diesmal auf das „Wintermärchen“, ein Stück Shakespeares, das nicht so häufig gezeigt wird. „Wir wollten kein Standardstück spielen“, erklärt Andreas Schlenger. „Das Wintermärchen ist ein schwieriges Stück, etwas schräg und hochinteressant. Es ist in zwei völlig unterschiedliche Teile geteilt und spielt an zwei verschiedenen Orten. Es beginnt höchstdramatisch in Sizilien und behandelt Themen wie Eifersucht und Tod und wird dann im zweiten Teil, der in Böhmen spielt, witzig, heiter und lebensfroh. Es fällt von einem Extrem ins andere. Das macht es so spannend und abwechslungsreich.“
Die Vorarbeiten zur neuen Produktion begannen schon im vergangenen Herbst. Es musste viel improvisiert werden, das Stück selbst wird in einer Bearbeitung des Ensembles und in der deutschen Fassung von Heinz Peter Lob gezeigt. Es spielen Rebecca Bach, Nicole Beier, Gabi Kauka, Wilfried Minwegen, Monika Nicolaij, Ingo Rehling, Matthias Reichenberger, Marco Reinhardt, Angelika Vogts und Monika Wilk.
Seit Wochen wird nun intensiv in der „Alten Schule“ in der Villestraße 57 in Brühl-Heide geprobt. Dort stehen dem KTB seit dem Dezember 2010 einige Räume zur Verfügung. „Wir sind hier sehr zufrieden, es gefällt uns sehr gut“, sagt Andreas Schlenger. Zuvor war das KTB interimsweise im alten Jugendzentrum untergebracht. Dort war es allerdings ziemlich eng, es gab kaum Platz für die Requisiten. Auch der Probenraum war eher ungeeignet. „Wir haben uns deutlich verbessert“, freut sich Ingo Rehling. „Wir sind froh und dankbar über die Lösung und können hier gut arbeiten.“ Es gibt einen großen Probenraum, ein Besprechungsraum und auch Abstellräume für die Technik und die Requisiten.



KTB wurde vielfach ausgezeichnet
Die Zukunft des KTB ist erst einmal gesichert. Und das ist gut so. Denn seit 39 Jahren existiert die Theatergruppe inzwischen. Bei 30 Produktionen hat das KTB sein überregional bekanntes Können bewiesen, das bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. 1985 wurde dem KTB der Kulturpreis des Erftkreises verliehen, 1990 erhielt es im Rahmen der Göppinger Theatertage den Förderpreis des Landkreises Göppingen. Und auf dem Festival der Theaterkonferenz Rhein-Erft freute sich das Ensemble 2006 über die Prämierung von Axel Gehring als bestem Schauspieler in der Produktion „Fisch zu viert“ und 2010 über die Auszeichnung „beste Produktion“ für „Lantana“.
Bei der Auswahl seiner Stücke zählt für die Mitglieder KTB nur eins. „Die Stücke müssen uns gefallen“, sagt Andreas Schlenger. „Wir machen kein Gefälligkeitstheater.“ Die Stoffe werden nach eigenen Kriterien ausgesucht. „Die Stücke sollten formal interessant sein und Gelegenheit bieten etwas Neues auszuprobieren“, fährt der Regisseur fort. „Theater spielen ist unserer aller Hobby. Daher muss es Spaß machen.“ Deshalb wählen die Brühler Theaterfreunde gerne unbekannte Werke aus. „Auf Nummer sicher gehen“ und populäre Stoffe auswählen, ist ihre Sache nicht.
„Die Stücke müssen ihre Kosten schon wieder einspielen“, weiß Minka Mönch. „Aber wir setzen auf Abwechslung und wollen unser ständig Repertoire erweitern.“ So hat das KTB in seiner langen erfolgreichen Vergangenheit Dramen genauso gezeigt, wie Komödien oder Musicals. Neue Stücke waren dabei, Klassiker wurden gespielt.
Die Arbeit beschränkt sich dabei nicht nur auf die Schauspielerei. Bei jeder Produktion sind genauso viele Helfer hinter der Bühne aktiv wie Schauspieler auf den Brettern, die die Welt bewegen, agieren. Auch alle anderen Facetten des Theaters gehören für die KTBler selbstverständlich dazu. Sämtliche bei der Arbeit an einer neuen Produktion anfallenden Aufgaben werden von den derzeit etwa 20 Mitgliedern selbst übernommen. Dazu gehören die Gestaltung des Bühnenbildes und das Nähen der Kostüme, der Plakatentwurf und das Programmheft. All dies wird unter oft nicht unerheblichem Zeitaufwand in Eigenleistung fertiggestellt. Finanziert wird das alles in erster Linie über die Einnahmen aus lokalen Vorstellungen und Gastspielen selbst.

„Ein herrlich bunter Papagei”
Das KTB versteht sich nach wie vor als „Amateurtheater mit ernsthaftem künstlerischem Anspruch“, wie auf der sehr informativ gestalteten Homepage unter  www.kleinestheaterbruehl.de zu lesen ist. Wer Interesse am Theater machen hat, kann gerne einmal vorbeischauen, wenn sich die KTBler treffen. Dies geschieht üblicherweise jeden Mittwoch ab 20 Uhr in der Alten Schule. Eine langjährige Erfahrung oder Ausbildung wird nicht erwartet, allerdings kann es vorkommen, dass gerade ein Drei-Personen-Stück einstudiert wird und es daher keine freien Rollen gibt. Dann ist ein wenig Geduld gefragt. 
Gegründet wurde das Kleine Theater Brühl im September 1973. Es war zunächst eine Laienspielgruppe der VHS Köln, die ihre erste eigenen Produktion realisierte. „5 satirische Szenen nach Ephraim Kishon“ lautete der Titel. Ein Jahr später beschließt ein Großteil der Gruppe, mit professioneller Hilfe weiterzumachen. Es kommt zur Zusammenarbeit mit dem Pantomimen Milan Sladek und dem Regisseur Günter Hefft. Als erste abendfüllende Produktion des jungen Ensembles, das sich mittlerweile KTB nennt, wird 1974 Marc Camolettis Schwank „Hier sind Sie richtig“ zur Aufführung gebracht. Auch von zunächst durchwachsenen Kritiken lassen sich die Theaterenthusiasten nicht entmutigen. Schon mit der nächsten Produktion, der Revue „Die tollen Zwanziger“ gelingt der Durchbruch. Ein Kritiker der Kölnischen Rundschau staunt: „Aus dem häßlichen Entlein wurde ein herrlich verrückter, bunter Papagei.“
Der Erfolgsgeschichte ging weiter und dauert inzwischen beinahe vier Jahrzehnte an. Im kommenden Jahr steht das 40-jährige Jubiläum an. Gefeiert werden soll der runde Geburtstag auf jeden Fall, die Frage ist momentan nur wie. „Zum 25-jährigen Bestehen haben wir einige alte Produktionen gezeigt“, erinnert sich Andreas Schlenger. Möglich wäre das auch im kommenden Jahr.

Aufregender Theaterabend voller Dramatik und Witz
Doch zunächst gilt alle Konzentration der baldigen Premiere des „Wintermärchen“. „Das Stück ist eines der späten Werke Shakespeares, eines der so genannten „Romanzen“. Mit Ausnahme des „Sturms” gehören diese Stücke zu den eher selten gespielten, wohl auch, weil sie sich einer klaren Einordnung in das klassische Schema von Tragödie und Komödie verweigern“, erläutert Andreas Schlenger. „Shakespeare zeigt den Zuschauern eine Welt, die zum Anfang der Handlung aus den Fugen gerät oder bereits geraten ist und eine Phase von Irrationalität und Anarchie erfährt. Am Ende stehen dann aber doch immer die Versöhnung und die Wiederherstellung stabiler Ordnungen, veranschaulicht durch das Auffinden von verloren Geglaubtem und die Wiedervereinigung von Getrenntem.“


Mit dem „Wintermärchen” zeigt das Kleine Theater Brühl seine zweite Shakespeare-Inszenierung unter der Regie von Andreas Schlenger. Die Zuschauer erwartet ein aufregender Theaterabend voller Dramatik und Witz mit Figuren, deren Leidenschaften, Ängste und Hoffnungen, Stärken und Schwächen die ganze Bandbreite Shakespearescher Charaktere abdecken. Karten gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen, u.a. im Naturkostladen, Carl-Schurz-Straße, in der Buchhandlung Die Eule, Kölnstraße 29-31 oder in der Tanzschule Breuer, Kurfürstenstraße 31.


Tobias Gonscherowski

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