„Wir wollen die Magie zurück“
Am 2. März hat im Jugendkulturhaus Password Cultra in der Schildgesstraße 112 ab 23 Uhr eine neue Veranstaltungsreihe Premiere. Die „Dorfjungs“ wollen im Cultra „eine neue Festung für junge elektronische Musik“ etablieren und haben dafür ein ganz besonders attraktives Programm zusammengestellt. Die Dorfjungs, das sind acht Jungs um die Zwanzig aus Brühl, Köln und dem Vorgebirge, die sich in der Kölner Techno-Szene längst mit eigenen Events einen Namen gemacht haben.
Begonnen hat alles vor knapp zwei Jahren mit einer Veranstaltung auf einem Bauernhof in Schwadorf. Dadurch entstand auch der Name „Dorfjungs“. Jetzt wollen sie die Großstädter und die Brühler ins Cultra locken und mit eigener Musik und hochkarätigen Gästen überzeugen. Wir haben uns mit zwei Dorfjungs, dem Brühler Marvin Horsch und dem Kölner Jakob Claus, sowie Dirk Naumann, dem Veranstaltungsmanager des Cultra, unterhalten.
BBB: Im März gibt es die erste Techno-Party im Cultra. „Wir wollen die Magie zurück!“ heißt es im Flyer. Welches Konzept steckt dahinter?
Marvin Horsch: Die Kölner Partys sind überlaufen, es ist immer das Gleiche. Wir wollen die Magie zurückholen, die Liebe zur Musik an einem Ort, an dem man etwas Neues Ausprobieren kann. Unser Konzept ist, dass wir die Lust auf Musik wecken wollen. Wir wollen schöne Momente schaffen und man soll die Erinnerung an einen schönen Abend mit den Dorfjungs verbinden. Inzwischen haben wir uns als Veranstalter in Köln etabliert. Jetzt wollen wir auch in Brühl etwas auf die Beine stellen. Wir haben kein kommerzielles Interesse, sondern wollen auf Partys einfach ein schönes Gefühl haben. Mir geht es um die Anerkennung für gute Musik. Mir ist wichtig, wer auflegt. Ich möchte Qualität bekommen und keinen Standard-Techno. Qualität zieht die Leute an.
BBB: Was ist das Besondere an den Partys?
Jakob Claus: Die Partys beginnen um 23 Uhr, der Rahmen ist der gleiche wie auf anderen Techno-Partys. Es gibt Live-Acts und DJs. Wir machen aber keine 08/15-Veranstaltungen, sondern die einzelnen Künstler werden bei uns besonders präsentiert. Im Cultra steigt unsere erste Veranstaltung außerhalb der Großstadt und des Techno-Zentrums Köln. Es ist ein Experiment. Wir wollen die Kölner Leute, die Techno-Partygänger, die Bonner Szene und natürlich die Brühler in Brühl zusammenführen. Wir wollen die Kölner motivieren, aus ihrem Loch zu kommen. Wir bieten eine besondere Location, einen top Saal mit einer erstklassigen Technik. Wir wollen, dass die Leute ein tolles Erlebnis haben, dass sie Leute treffen, die sie noch nie gesehen haben. Sie sollen einfach einen guten Abend haben und zusammen feiern.
BBB: Wie groß ist die Herausforderung für das Cultra, ein solches Event zu stemmen?
Dirk Naumann: Wir sind mit dem Cultra angetreten, um die ausgetretenen Pfade zu verlassen und die Jugendarbeit zu verändern. Wir wollen etwas Neues machen und einen Schritt weiter sein als andere Einrichtungen im Erftkreis. Das können aber nur die Jugendlichen schaffen. Jugendkultur entsteht, wenn Jugendliche etwas tun. Das Cultra ist die einzige Ausgehmöglichkeit für junge Menschen in Brühl. Zu unserem Auftrag gehört die ganze Bandbreite an Events. Mainstream gehört genauso dazu. Die wichtigste Botschaft ist, dass sich der Geist frei entwickeln kann. Die Kölner Techno-Crowds kennen sich untereinander. Die in Bonn auch. Die Brühler mögen es auch, gehören aber so richtig keiner Szene an. Begegnet euch in Brühl, macht eine neue Lebenserfahrung, öffnet euch für Neues, verlasst die sicheren Pfade. Das ist vielleicht etwas irritierend, es gibt aber Elemente, die sie verbinden. Auch das Cultra wird sich verändern und anders werden. Der Raum wird kleiner werden. Wir wollen lieber eine enge Clubatmosphäre.
BBB: Welcher finanzieller Aufwand steckt dahinter?
Naumann: Die Veranstaltung soll sich tragen, alles über 300 Besucher ist gesund für uns. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Es geht darum, kulturelle Angebote zu fördern. Bei der Kultur sollte nicht gespart werden. Ich erinnere mich noch gut an den Satz: „Wer in einer Gesellschaft Geld für Kultur spart, der wird genau dieses Geld in die Executive reinvestieren müssen, um all die rohen Gesellen einzufangen, die ohne Kultur aufgewachsen sind.“
BBB: Wie wird die Veranstaltung beworben? Wie sieht das Programm aus?
Claus: Wir machen zielgerichtete Werbung mit besonderen, handgemachten Flyern, die wir per Hand verteilen. Wir setzen dann auf Mundpropaganda. Alle, die kommen, haben Lust. Das Event im Cultra ist etwas komplett Neues. Dafür arbeiten wir. Es macht Lust und Spaß. Es soll eine Reihe werden, drei weitere Veranstaltungen sind fest eingeplant. Wir haben uns extra dazu entschieden, keine Headliner zu buchen. Es gibt Live-Acts von Marvin und Romare aus London die live mit ihren elektrischen Instrumenten und Gerätschaften auftreten werden, sowie den DJs Eliott Litrowski aus Paris und Sven Howland aus Köln. Bei der Auswahl haben wir beachtet, dass verschiedene Sounds gespielt werden.
Persönliches
Marvin Horsch ist 22 Jahre alt und kommt aus Brühl. Mit 12 Jahren begann er, im alten Jugendzentrum Musik zu machen und war Gitarrist in einer Punk Rock Band zusammen mit Thomas Meckel. Irgendwann bekam er ein billiges Casio-Keyboard, durch das er neue Klangwelten erfuhr. Er legte sich weitere Geräte zu und war auf einmal Produzent. Seit drei Jahren hat er ein Studio in Brühl-Ost, seit zwei Jahren beschäftigt er sich ernsthaft als Produzent. „Die Musik ist für mich eine Berufung. Das ist das, was ich will. Ich definiere mich durch die Musik“, sagt er. „Ab April wollen wir ein Label gründen und richtige Venylplatten herausbringen.“
Jakob Claus ist 20 Jahre alt und wohnt in Köln. Er genoss eine klassische Klarinettenausbildung. Nach einem Kanada- Aufenthalt, orientierte er sich immer mehr in Richtung elektronischer Musik. „Danach habe ich gemerkt, was es in Köln so alles gibt“, meint er. Die Szene wurde erforscht. Auf Omas Plattenspieler machte er dann seine Anfänge als DJ.
Die weiteren Dorfjungs sind: Thomas Meckel, Carlos Hufschlag, Aurel Pauleit, Robin Cogan, Patrick Braun und Christopher Szwabczynski.
Tobias Gonscherowski