„Transparenz und Bürgerbeteiligung statt Hau-Ruck-Aktionen”
In Kierberg regt sich Widerstand gegen die Pläne eines Investors, die Corrida Bar an der Schulstraße abzureißen, ein angrenzendes städtisches Grundstück am Kapellenweg zu kaufen und auf der gesamten Fläche ein neues Wohnhaus mit 13 Wohnungen zu errichten. Auch die Dorfgemeinschaft (DG) Brühl-Kierberg hat Bedenken gegen das Projekt und die Art und Weise, wie es durchgedrückt werden sollte. Wir haben mit dem 1. Vorsitzenden Hans-Georg Konert und dem Kassierer Markus Weick über die Arbeit und Ziele der DG gesprochen.
BBB: Herr Konert, wofür setzt sich die „Dorfgemeinschaft Brühl-Kierberg“ (DG) ein?
Hans-Georg Konert: Die Dorfgemeinschaft Brühl-Kierberg ist ein gemeinnütziger Verein, der 1958 gegründet wurde, um den Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutz sowie das traditionelle Brauchtum und den Heimatgedanken zu fördern. Der Verein kümmert sich insbesondere um folgende Aufgaben: die jährliche Organisation eines Martinszuges in Zusammenarbeit mit den Kierberger Schulen, Gruppen und Vereinen, die jährliche Ausrichtung einer Seniorenveranstaltung im Rahmen der Kirmes, die Förderung zur Verschönerung des Stadtteils Kierberg. So führen wir etwa einen Pfingstputz an ausgewählten öffentlichen Flächen in Kierberg durch.
BBB: Was sagen Sie zu der aktuellen Auseinandersetzung zum Bauvorhaben an der Schulstraße/am Kapellenplatz rund um die Corrida-Bar?
Markus Weick: Als Vorstand der DG haben wir uns von Anfang an in einer Moderationsrolle gesehen und, nicht zuletzt wegen der fehlenden Informationen über das Bauvorhaben, uns bewusst bei der Meinungsbildung zurückgehalten. Auch hatten wir zunächst kaum Gelegenheit gehabt, die Meinung der Kierberger Bürger zu erfragen. Uns war und bleibt wichtig, dass die Kierberger Bürger bei der Veräußerung von städtischen Grundstücken in Kierberg sowie bei der Umgestaltung des Ortskernes angemessen beteiligt werden. Dies ist jetzt in ersten Ansätzen erfolgt. Gleichzeitig haben wir wohl alle das Interesse, derartige „Hau-Ruck-Aktionen“ für die Zukunft zu vermeiden und eher langfristigere Formen der Einbindung der Bürger zu finden.
BBB: Was meinen Sie mit Hau-Ruck-Aktionen?
Weick: Die Corrida-Bar wurde an die Berafin Bauträger GmbH verkauft und soll nach den Plänen des Geschäftsführer, Michael Ziskoven, abgerissen werden. Neu entstehen soll ein Wohnhaus mit 13 Wohnungen. Deshalb wollte er zusätzlich das angrenzende städtische Grundstück erwerben, auf dem sich derzeit fünf Parkplätze, eine Parkbank und einige Bäume befinden. Dieser Grundstücksverkauf sollte klammheimlich über die Bühne gehen, selbst Ratsmitglieder waren nicht informiert. Im Rahmen des Stadtteilgesprächs, an dem u.a. der erste Städtische Beigeordnete Andreas Brandt und der damalige Bürgermeisterkandidat Dieter Freytag kurz vor Weihnachten teilnahmen, kam zufällig die Rede darauf. Da wurde unsere Neugier geweckt, denn bei solchen Entscheidungen wollen die Menschen beteiligt werden. Wir erwarten Transparenz. An der großen Beteiligung der Kierberger bei der Sitzung des Planungsausschusses des Stadtrates war zu sehen, wie wichtig den Kierberger Bürgern eine lebenswerte Gestaltung von Kierberg, insbesondere des Ortskernes, ist. Wir versuchen, kommunale Entscheidungen im Sinne dieser Zielsetzung zu beeinflussen.
BBB: Wie geht es jetzt weiter?
Konert: Der Verkauf des Grundstücks wurde erst einmal bis zum Jahresende auf Eis gelegt. Damit gibt es mehr Zeit für Diskussionen. Der Käufer hat gesagt, dass sich für ihn ein Neubau ohne das Grundstück nicht lohnen würde und die Corrida Bar dann auch weiterbetrieben werden könne. Das ist für uns kein Problem, denn so lange der Betrieb als Tanzlokal genutzt wurde, gab es jahrelang kaum Probleme. Die kamen erst, als der letzte Pächter ein anderes Konzept verfolgte und mit Flatrate-Trink-Angeboten vor allem Publikum von außerhalb von Brühl anzog. Das Ordnungsamt schränkte daraufhin die Konzession ein und bekam vor Gericht recht. Wir können uns verschiedene Lösungen vorstellen. So gibt es eine sichtbare Bereitschaft der Kierberger Bürger, ihren Beitrag zur Pflege öffentlicher Grundstücke zu leisten. Denkbar ist die Übernahme einer Patenschaft für diese und andere öffentlichen Flächen in Kierberg. In Gespräch mit Dieter Freytag haben wir auch viel Unterstützung für die Idee bekommen, in enger Abstimmung mit dem Stadtrat und der Stadtverwaltung für Kierberg ein Leitbild zu erarbeiten.
BBB: Was meinen Sie mit „Leitbild“?
Konert: Gemeinsam wollen wir die Zukunft Kierbergs gestalten, insbesondere die Lebensqualität und den Charakter unseres Stadtteils bewahren. Dies erfordert vorausschauendes Handeln. In einem „Leitbild“ wollen wir in einem zweijährigen Prozess die Gedanken möglichst vieler engagierter Bürger über die weitere Entwicklung Kierbergs zusammenstellen und mit der Politik und Verwaltung unserer Stadt Brühl abstimmen. Durch einen umfangreichen Dialog- und Beteiligungsprozess werden Entscheidungen der Stadt zur Zukunft von Kierberg transparent und auf eine breite Basis gestellt. Das Leitbild ist damit eine Handlungsgrundlage und Wegweiser auf der Basis einer breiten Übereinstimmung. Unser Leitbild für Kierberg ist gleichzeitig eine Selbstverpflichtung, die sich als Appell sowohl an jeden einzelnen Bürger als auch an die politischen Gruppierungen und an die Kommunalpolitik wendet. Zukünftige Entscheidungen, die im Widerspruch zu unserem Ortsleitbild stehen, sind jedoch konkret und nachvollziehbar zu begründen.