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haben Sie dieses Phänomen nicht auch schon einmal erlebt?

Leserbrief von M. Hillmann - Online-Special zur Juli Ausgabe 2010:

Da regt Sie eine Sache fürchterlich auf, und im nächsten Moment haben Sie es schon wieder vergessen. Nachdenklich frage ich mich, ob dies dafür verantwortlich ist, warum wir nur so unzureichend aus unseren Fehlern lernen.

Die Schließung des „Nokia Standortes“ in Bochum, die war so ein Aufreger. Zuerst hatte das Unternehmen vom Land NRW rund 40 Millionen Euro an Subventionen für den Produktionsstandort erhalten, explizit zur Schaffung neuer sozial-versicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Und schon im nächsten Schritt ist die schöne Subventionshilfe aus Steuergeld nie aufgegangen.

Zum einen wurden vom Unternehmen weitaus weniger als die für die Subventionen vereinbarten Arbeitsplätze geschaffen, zum anderen wurde der neue Produktionsstandort nur wenige Jahre nach Eröffnung auch schon wieder dicht gemacht.

Zurück in die Gegenwart. Nun, was glauben Sie? Was könnte der Nokia-Fall in Bochum mit den Erweiterungsplänen des Phantasialandes in Brühl zu tun haben?

Fürs Erste einmal das: Auch diesmal hofft ein Unternehmen der freien Marktwirtschaft auf eine großzügige „Subvention“ von Seiten der Politik. In diesem Fall geht es um die staatliche Bereitstellung von großen Naherholungsgebietsflächen für eine Erweiterung eines privatwirtschaftlichen Vergnügungsparkes.

Und heute wie damals wird das gleiche Totschlag-Argument „Arbeitsplätze“ bemüht. Nicht wenige stimmen wieder ein in den Chor, „Macht auf das Tor, es kommt ein goldener Wagen...“.

Aber trifft für das Begehren des Phantasialandes begrifflich überhaupt das Wort „Subvention“ zu? Dies wäre per Definition dann ein „materieller Vorteil ohne unmittelbare Gegenleistung“.

Bei all dem engagierten Einsatz der Naturschützer für „fünfzigtausend Bäume“, habe ich laut gestellte Fragen nach „Gegenleistungen“ für eine mögliche Übereignung weder in der Öffentlichkeit noch aus den unterschiedlichen politischen Lagern vernehmen können. Ein wichtiger Grund, dies heute mit diesen Leserbrief nachzuholen.

Meine folgenden Fragen richten sich sowohl an das Unternehmen „Phantasialand“ sowie an die politischen Entscheidungsträger:

Soll das Naherholungsgebiet an das Phantasialand verkauft, verpachtet oder sogar verschenkt werden. Welche Werte sind hier im Gespräch?

Bei einer Übereignung ohne unmittelbare Gegenleistung (sprich Subvention), müsste man zukünftig mit mindestens deutlich erhöhten Gewerbesteuereinnahmen rechnen dürfen. In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, welche Größenordnung die Gewerbesteuereinnahmen des Freizeitparks für den Haushalt der Stadt Brühl eigentlich darstellen.

Wie viele nennenswert neue voll sozialversicherungspflichtige Jobs sollen denn überhaupt entstehen? Wird es von Seiten der Politik eine geforderte Mindesthöhe geben?

Wird die Flächenerschließung im Vorfeld wirklich bis ins Detail verbindlich geregelt? Also, was genau und wo soll auf den zusätzlichen Flächen entstehen und in welchem Zeitraum? Ein Schelm, der behauptet, das Phantasialand sei vor allem an neuer, eigener und billiger Parkfläche interessiert.

Was geschieht eigentlich bei einer Insolvenz oder nach einem Verkauf mit der Fläche? Wird rekultiviert und auf wessen Kosten? Ist meine Sorge, dass bei einer Schließung des Freizeitparks ein neuer Gewerbepark entsteht, unbegründet?

Und dann die zentrale Frage: Wo holt das Unternehmen „Phantasialand“ eigentlich die Finanzkraft her? 

Ist eigentlich je einem unserer politischen Entscheidungsträger eine verbindliche Finanzierungszusage der Banken vorgelegt worden? Ich rede hier nicht von Absichtserklärungen.

Sie haben in diesem Zusammenhang möglicherweise auch von der spektakulär gescheiterten Privatfinanzierung für den Freizeitpark am Nürburgring gehört.

Fakt ist: Eine Zustimmung für eine Erweiterung würde den „Wert“ der zur Zeit inhabergeführten Unternehmensgruppe Phantasialand erheblich steigern. Ein möglicher Verkauf an oder die Beteiligung eines Großinvestors würde zum jetzigen Zeitpunkt und allem Anschein nach ausschließlich den Unternehmensinhabern von finanziellem Vorteil sein.

Es bleibt spannend zu verfolgen, ob die politischen Entscheidungsträger aus dem Nokia-Fall dazu gelernt haben und wenigstens dieses Mal vorausschauend und mit gleichem ökonomischen Kalkül ans Werk gehen, mit dem Unternehmenslenker ihre Entscheidungen im eigenen Sinne treffen. Aus Fehlern lernen, das wäre schön.


Reaktion von Johannes Bortlisz zu diesem Leserbrief:

Herr Hillmann hat mit seinem Leserbrief zum Phantasialand völlig recht, vielleicht bis auf den kleinen Umstand, dass ich im Rahmen meiner politischen Arbeit in der GRÜNEN Ratsfraktion und vor allem auch der GRÜNEN Kreistagsfraktion einige der angesprochenen Aspekte sehr wohl benannt habe. Nachzulesen ist einiges auf www.gruene-rek.de/kreistagsfraktion dort unter Stichwort Phantasialand suchen. Im Kreistag habe ich öfter auf den Umstand hingewiesen, dass das behauptete Gewerbesteueraufkommen, aufgrund der Schachtelstrukturen der diversenen Phantasialandgesellschaften nciht zu beziffern ist. Ich gehen davon aus, dass es gegen Null tendiert, denn es wird ja dauernd investiert. Auch die Frage nach der Qualität und Anzahl der Arbeitsplätze ist kritisch zu sehen. Denn - Zufall oder nicht - das Phantasialand bringt seine Saisonabeitskräfte so unter, dass praktischerweise drei verschiedene Arbeitsamtsbezirke außerhalb der Saison zahlen müssen, sodass nicht groß auffällt, dass die Steuerzahlten für die Saisonkräfte aufkommen.. Auch die Frage danach, warum jeder Kompromissversuch mit dem Phantasialand, auf bestehenden Flächen zurechtzukommen, scheitert, ist interessant. Da gab es Vorschläge des Forstes für ein Parkhaus direkt auf der anderen Seite der Autobahn, da gab es Überlegungen, mit Hochbauten auf den zur Zeit als Parkplätzen genutzen Arealen sowohl Lärmschutz zu verbessern als auch Ruhigeres anzubieten - wie zum beispiel die deplaziert errichteten Themenhotels, da wurde schon hinter der vorgehaltenen Hand über das Naturschutzdreieck diskutiert, etc.. Warum will das Phantasialand das nicht? Der Grund, dass die Parkplatzflächen anderen gehören ist vorgeschoben. Denn wenn das Parkhaus gebaut und das Parken im Landschaftsschutz verboten würde, würde sich die Verkaufsbereitschaft in zwei drei Jahren anders darstellen als heute. Der währe Grund dürfte eher darin zu suchen sein, dass der Eigentümer des Phantasialands Planungsrecht für 60 ha und Optionen für weitere Flächen in ähnlicher Größenordnung braucht, um Kapitalgeber zu finden oder um rentierlich an größere Ketten - zum Beispiel US-amerikanischer oder britischer Provinienz - zu verkaufen.

Beste Grüße
Johannes Bortlisz

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