„Geigenbau in Perfektion“
Es gibt sie noch. Mittelständische Handwerksbetriebe, in denen mit größter Sorgfalt und persönlicher Hingabe wunderbare Produkte in höchster Qualität ganz überwiegend per Hand hergestellt werden. Einzelstücke, ganz auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden zugeschnitten, statt durchschnittlicher Massenproduktion. Die Brühler Firma „Diastrad Geigenbau“, im Stotzheimer Weg 8 beheimatet, ist so ein Beispiel. Sie gehört zu den führenden Unternehmen ihrer Art in Deutschland. Wir haben uns mit der Geschäftsführerin Dr. Uta Führer und dem Werkstattleiter Willi Balsereit unterhalten.
Bei der Namensgebung ihres Unternehmens war Uta Führer erfinderisch. „Diastrad“ setzt sich aus den Silben „Dia“ für Diamant und „Strad“ für Stradivari zusammen. „Der Diamant ist die schönste Form des Kohlenstoffs und symbolisiert unser Interesse auch für moderne Werkstoffe wie z.B. Kohlefaser. Stradivari ist das Sinnbild für Streichinstrumente überhaupt“, erklärt die Geschäftsführerin, die nach dem Studium der Schulmusik und Biologie über ein Thema aus der Bio-Akustik promovierte. Was auf den ersten Blick vielleicht etwas überrascht, sagt aber einiges aus über Uta Führers hohe Sensibilität für Geräusche und Töne. „Klänge haben mich schon immer fasziniert“, sagt sie. „Warum reagieren verschiedene Menschen so ganz verschieden auf Klänge und wie finde ich heraus, was als angenehm empfunden wird.“
Das gilt auch insbesondere für die Musik. Uta Führer spielt selbst seit vielen Jahren Bratsche, sie musiziert in verschiedenen Orchestern. Sie kennt sich bestens aus mit Streichinstrumenten und weiß auch aus eigener Erfahrung um die innige Beziehung, die Musiker zu ihren Instrumenten pflegen. Im Jahr 2006 ergab sich dann die Gelegenheit, das Unternehmen „Diastrad“ zu gründen, 2011 erfolgte dann der Umzug nach Brühl. „Geigenbau in Perfektion“ hat sich die Firma auf ihre Fahnen geschrieben. Garant dafür ist der Werkstattleiter Willi Balsereit, der über eine Jahrzehnte lange Erfahrung im Bauen, Restaurieren und Reparieren von Streichinstrumenten aller Art verfügt.
Mit viel Herzblut geht er seinem seltenen Beruf nach. Das Musizieren auf den Instrumenten gelingt ihm selbst soweit, „dass ich in der Lage bin, Tonleitern zu spielen“, sagt er lachend. Aber ein Geigenbauer muss auch nicht meisterhaft Geige spielen können. Seine Kunst ist beim Bau des Instruments und beim Umsetzen der anspruchsvollen Wünsche der Musiker gefragt. Dann geht es um individuelle und kreative Lösungen. Die findet Willi Balsereit.
Erfolgreich am Markt zu behauptet
Die Firma Diastrad betätigt sich vor allen Dingen im An- und Verkauf, im Neubau, der Reparatur und Restaurierung von Streichinstrumenten sowie den dazugehörenden Bögen und hat sich dabei u.a. auf den Kontrabass spezialisiert. Geigen werden kaum noch hergestellt, da diese inzwischen in erstklassiger Qualität und zu konkurrenzlos günstigen Preisen in China produziert werden. Darunter haben viele Unternehmen in Deutschland gelitten, die ganze Branche befindet sich im Umbruch. Neben der verschärften Konkurrenzsituation sorgt auch die Verknappung natürlicher Ressourcen insbesondere bei exotischen Hölzern für Probleme. Wer sich nicht frühzeitig auf die sich verändernden Rahmenbedingungen eingestellt und innovative Lösungsansätze gefunden hat, muss mit erheblichen Schwierigkeiten fertig werden. Der Firma Diastrad ist es dagegen gelungen, sich erfolgreich am Markt zu behaupten.
In der eigenen Werkstatt werden die Aufträge von einem kleinen kompetenten Team von Allroundern sorgfältig bearbeitet. Viele hundert Arbeitsstunden stecken häufig in aufwändigen Restaurierungen der kostbaren Instrumente, die nicht selten 150 und mehr Jahre alt sind. Dabei kommt modernste Technik wie etwa die Kernspintomographie bei der Schadensdiagnose ebenso zum Einsatz wie die klassischen Arbeitsgeräte eines Tischlers oder Schlossers. Und viele Werkzeuge werden oft selbst konstruiert. Der Werkstattleiter Willi Balsereit findet immer eine Lösung auch für die schwierigsten handwerklichen Herausforderungen. Dabei kommt ihm sein unglaublicher Fundus an Berufserfahrungen zugute.
Erst ein einziges Mal musste die Firma Diastrad eine Reparaturanfrage ablehnen. „Obwohl uns die Aufgabe gereizt hat“, erinnert sich Uta Führer. „Aber der Aufwand hätte in keinem Verhältnis zum Nutzen gestanden.“ Der Musiker hatte versucht, mit seinem Instrument in einen Paternoster zu steigen. Der Versuch misslang, der Aufzug machte aus dem Kontrabass leider buchstäblich Kleinholz. Alle anderen Reparaturaufträge konnten dagegen zur Zufriedenheit der Kunden erledigt werden.
Aufträge aus der ganzen Welt
Es ist immer wieder spannend, solche und andere Anekdoten von Uta Führer und Willi Balsereit erzählt zu bekommen. Sofort merkt man, dass hier zwei Menschen von ihrer Arbeit berichten, die sie mit großer Leidenschaft und Hingabe ausüben. Dabei beobachten sie die Entwicklung in ihrer Branche ganz genau. Ein Problem sieht Willi Balsereit vor allem in der „unflexiblen“ Ausbildung, die sich seiner meiner Meinung nach nicht an den tatsächlichen Anforderungen des Berufslebens orientiert. „So wird ein ganzer Berufszweig vor die Wand gefahren“, kritisiert er. Die fertigen „Azubis“ von heute können nur noch ein Bruchteil dessen, was frühere Generationen während der Ausbildung gelernt haben. „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche“, sagt Willi Balsereit. „Das hat zwar der Komponist Gustav Mahler festgestellt, aber es muss auch uneingeschränkt für unseren Beruf gelten.“
Deshalb steht er mit Innungen und Handwerkskammern ein bisschen auf Kriegsfuß. Er legt mehr Wert auf das Lob der Musiker als auf Diplome oder Meisterbriefe. Ihn freut es mehr, wenn ihm Kunden z.B. in einem persönlichen „Meisterbrief“, wie er im Büro an der Wand hängt, bescheinigen: „Willi Balsereit, Meister des gebogenen Holzes, des freischwingenden Kohlenstoffes, des gewundenen Antriebs und des getriebenen Metalls.“
Die hervorragende Qualität der Arbeit der Firma Diastrad hat sich längst herumgesprochen. Die Aufträge kommen aus der ganzen Welt. Die Kunden sind zufrieden und nehmen auch gerne in Kauf, dass Qualitätsarbeit ihren Preis hat und ihre Zeit braucht. Zwei bis drei Monate dauert es schon, bis ein Instrument wieder vollständig überarbeitet einsatzbereit ist.
Angebote für Anfänger-Schüler
„Unser Anliegen ist es, auf Basis der Tradition mit unserem Wissen und Können in Reparatur, Restaurierung und Neubau von Streichinstrumenten und Bögen, dem Musiker – vom Anfänger-Schüler bis zum Solisten – ein unter allen sinnlichen Aspekten ästhetisches, gut funktionierendes, im Klang überzeugendes Werkzeug in die Hand zu geben, mit dem ihm der Erfolg möglich ist“, fasst Uta Führer die Philosophie von Diastrad zusammen.
Dabei erwähnt sie auch ganz bewusst, die Anfänger-Schüler, für die das Unternehmen einige besondere Angebote bereit hält. Sollte ein Schüler mit einem Instrument doch nicht zurecht kommen, kann er es binnen eines Monats wieder zurückgeben. Außerdem werden alle bei Diastrad gekauften Instrumente und Bögen wieder in Zahlung genommen, wenn das nächste Instrument oder der nächste Bogen benötigt werden. Über diese und weitere Angebote finden sich auch zahlreiche ergänzende Informationen auf der übersichtlichen Homepage des Unternehmens www.diastrad.com.
Tobias Gonscherowski