(tg) Seit Anfang September wird die Brühler Wirtschaftsförderung durch das Team „Citymanagement“ verstärkt. Die Diplom-Geografin Andrea Frede und Marketing Manager Sebastian Dieck teilen sich die Stelle und das Aufgabenfeld im Job-Sharing. Beide kennen Brühl seit Jahren und sind mit den besonderen Begebenheiten der Schlossstadt bestens vertraut.
Ihr Ziel ist, die Brühler Innenstadt durch gezielte Maßnahmen und Aktionen zu stärken und zu beleben. „Unsere Aufgabe wird es sein herauszufinden, was die Brühler Innenstadt braucht, um Kunden nicht nur heute, sondern auch morgen noch anzusprechen“, sagt Sebastian Dieck. Der Brühler Bilderbogen hat die beiden zum Interview gebeten.
BBB: Frau Frede, wie kann erfolgreiches Citymanagement aus Ihrer Sicht am besten funktionieren?
Andrea Frede: Wir nutzen die Anfangszeit, um mit allen Akteuren der Innenstadt ins Gespräch zu kommen. Ein Konzept und eine Marke kann nur gemeinsam aufgebaut werden. Wir verstehen uns als Dienstleister und Sprachrohr der unterschiedlichen Akteure in der City. Wir können nur funktionieren, wenn wir im City-Verbund gemeinsam an einem Strang ziehen. Ein erfolgreiches und vor allen Dingen nachhaltiges Citymanagement ist ein integrativer und ein langfristiger Prozess. Einzelmaßnahmen sind wichtig, führen langfristig eher nicht zum Erfolg. Eine unserer Kernaufgaben ist, unterschiedliche Interessen und Herausforderungen zu verstehen, um dann Stärken zu erarbeiten und zu bündeln. Wir möchten das Bindeglied zwischen Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistern, der Stadt und weiterer öffentlicher und privater Stellen sein und das vorhandene Team der Wirtschaftsförderung unterstützen.
BBB: Herr Dieck, inwiefern beeinflusst die Corona-Pandemie Ihre Arbeit?
Sebastian Dieck: Corona ist derzeit sicher das zentrale Thema. Im Moment beantworten wir vor allem die Fragen der Händler zu Corona. Das Weihnachtsgeschäft läuft in diesem Jahr anders. Es ist unsere aktuelle Herausforderung, beinahe täglich spontan neue Ideen zu entwickeln und sie schnell umzusetzen. Wir haben auch immer ein offenes Ohr für die Anregungen der Brühler Einzelhändler und richten unseren Appell an sie, sich gerne auch kurzfristig mit Vorschlägen oder Anregungen an uns zu wenden. Wir sind für sie da und vereinbaren gerne einen Termin mit ihnen. Wir sind im persönlichen Austausch, knüpfen Kontakte und wollen die Bedürfnisse aufgreifen. Wir haben auch intern in der Verwaltung viele gute Gespräche geführt und haben eine große Offenheit gegenüber den teilweise unkonventionellen, neuen Wegen, die wir gehen wollen, erlebt. Es soll auch zukünftig mehr Austausch geben.
BBB: Wie kann das Citymanagement den Einzelhandel, die Gastronomie und die Dienstleister unterstützen?
Frede: Wir haben viele Projekte angestoßen und übernommen, wobei wir uns dabei zunächst einmal auf die Innenstadt konzentrieren. Wir sind Ansprechpartner für alle Belange der Innenstadt und versuchen mit geeigneten weiteren Maßnahmen die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu steigern. Aktuell erleben wir gerade viele Einschränkungen. Es gibt keinen Weihnachtsmarkt und die Gastronomie ist geschlossen. Wir wollen durch gezielte Aktionen dennoch eine Weihnachtsatmosphäre kreieren und Möglichkeiten schaffen. Wir haben mit einem neuen Konzept die Wunschbaumaktion angestoßen, die sehr gut angenommen wird und funktioniert. Die Wunschbäume können täglich neu bestückt werden.
In den Fenstern des Rathauses gibt es den großen Brühler Adventskalender der Wirtschaftsförderung, der von Kindern gestaltet wurde. Jeden Tag wird ein anderes Fenster erleuchtet. Wir wollen damit sozusagen gut dosiert und durchdacht mehr Menschen in die Stadt bringen und so die Brühler Einzelhändler unterstützen.
Dieck: Eine andere Aktion gibt es in der Schlossstraße, wo wir in den Abendstunden mit Unterstützung der Schlossverwaltung eine Art Diashow veranstalten, indem mit gemalten Bildern von Kindern ein Weihnachtshaus gestaltet wird. Die Bilder werden mit einem Beamer auf die Außenwand der Remise des ehemaligen Archivs projiziert. Die Malvorlage für die Kinder findet sich auf bruehl.de. Wir werden auch Wintermotive und andere schöne Bilder zeigen. Eine weitere Idee, die wir umsetzen wollen, ist die, dass wir trotz der Absage des eigentlichen Weihnachtsmarktes einigen Budenbetreibern eine Möglichkeit geben wollen, trotzdem in Brühl vertreten zu sein. Sie sollen in den derzeit geschlossenen Lokalen einen Stand aufbauen und ihre Erzeugnisse anbieten können. So wollen wir die regionalen Händler und auch die Gastronomen zusätzlich unterstützen, die eine Aufwandsentschädigung erhalten sollen. Und es werden vom 5. bis 20. Dezember zwei Weihnachtsmarktbuden für caritative Vereine vor dem Rathaus aufgestellt – selbstverständlich unter strenger Beachtung der leider notwendigen Corona-Auflagen.
BBB: Welche Möglichkeiten hat das Citymanagent beim Thema Leerstand?
Frede: Beim Leerstand müssen wir erst einmal mit einem weit verbreiteten Vorurteil aufräumen. Wir haben in Brühl keinen massiven Leerstand. Die Quote liegt aktuell bei 2,9 Prozent. Für die meisten leerstehenden Ladenlokale wurden bereits Nachmieter gefunden. Es dauert dann häufig länger, bis der Nachfolger eröffnet, so dass der Eindruck entsteht, in vielen Ladenlokalen passiere nichts. Aber wir wissen, was hinter den Kulissen geschieht. Die Wirtschaftsförderung bietet allen Vermietern ihre Unterstützung bei Leerstand an. In rund 20 Prozent der Fälle werden unsere Angebote auch in Anspruch genommen.
Dieck: Ein großes Thema sind auch neue Formate oder neue Nutzungsmöglichkeiten bei Leerstand. So könnte es vermehrt sogenannte Pop-Up-Stores geben, also Anbieter, die ein leerstehendes Ladenlokal für einen kurzen Zeitraum nutzen. Davon könnten sowohl die Mieter als auch die Vermieter profitieren. Die Mieter müssten keinen jahrelangen Mietvertrag unterschreiben und die Vermieter wüssten ihr Objekt mindestens vorübergehend genutzt und in guten Händen. Eine solche Zwischennutzung lässt sich aktuell auf dem Markt beobachten, wo der Brühler Kunstverein die Schaufenster des ehemaligen Lebenslust-Standortes nutzt. Interessant für die Einzelhändler könnten auch Mischformen sein, wie sie etwa in der „Eule“ mit der Vermischung aus Buchladen und Cafe erfolgreich praktiziert wird.
Frede: Brühl bietet sehr viel, ein Innenstadtbesuch lohnt sich immer. Es ist in Erlebnis, hier einzukaufen und die vielen tollen Produkte mit eigenen Augen im stationären Handel zu sehen, von denen man im Internet nur einen ungefähren Eindruck bekommt. Wir können mit unserer Innenstadt wirklich zufrieden sein. Man bekommt auch fast alle Produkte, die es beispielsweise früher im Kaufhof gegeben hat, in anderen Läden. Darüber hinaus gibt es auch attraktive neue Geschäfte wie den Unverpackt-Laden.
BBB: Inwieweit hat die Corona-Pandemie andere Projekte erst einmal in den Hintergrund gerückt?
Dieck: Es ist der aktuellen Situation geschuldet, dass wir uns zunächst den dringendsten, unmittelbaren Aufgaben gewidmet haben. Aber Corona hat auch nur beschleunigt, was vorher schon vielleicht nicht optimal lief. Die Innenstädte standen bereits vor Corona vor einigen Herausforderungen. Wir arbeiten weiter an neuen Konzepten für die Innenstadtentwicklung. Die Innenstadt soll grüner werden, es soll mehr gepflanzt werden nach dem Motto „Der Park beginnt in der Stadt”. Die Sauberkeit und Sicherheit sollen weiter verbessert werden. Wir wollen auch Antworten auf sich ändernde Altersstrukturen finden. Zudem hoffen wir, dass die Digitalisierung auch mit der Brühl App vorangebracht wird. Seit dem 1. Dezember ist die Brühl App gelauncht, die viele Möglichkeiten bietet. Die Händler sind dieser App gegenüber extrem offen und begreifen sie als weitere Chance, ihr breitgefächertes Angebot zu präsentieren und mit neuen Kundengruppen in Kontakt zu treten.